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Faire Arbeit bei plattformvermittelter Sorgearbeit?

Nicht nur Taxi und Pizza können über Onlineplattformen und Apps der sogenannten Gig Economy bestellt werden, auch Babysitter sind nur mehr einen Mausklick entfernt. In einer neuen Studie wurden die Arbeitsbedingungen von plattformvermittelter Sorgearbeit in Österreich untersucht.

Die Arbeitsverhältnisse sind meist informell – ohne schriftliche Verträge – und prekär bezahlt Adobe Stock / Alexander Raths

Während die Fahrradbot:innen mit ihren bunten Rucksäcken schon fast zum Stadtbild gehören, bleibt ein anderer Teil der Plattformwirtschaft unsichtbar: Es sind mehrheitlich Frauen, die über die Plattform betreut.at in Privathaushalten Kinder, Senior:innen und Haustiere betreuen oder putzen und kochen. Nachdem man von den bekannteren Branchenvertretern, zu denen Uber, Foodora & Co. zählen, weiß, dass es hier oftmals zur Aushöhlung erkämpfter arbeitsrechtlicher Standards kommt, stellt sich die Frage: Wie sind die Arbeitsbedingungen in der plattformvermittelten Sorgearbeit? Dieser Frage wurde in der Studie „Faire Arbeit bei plattformvermittelter Sorgearbeit in Österreich?“ im Jahr 2023 nachgegangen.

Prekäre Bezahlung und fehlende soziale Absicherung

Im Fall von betreut.at werden die Arbeitsverhältnisse individuell zwischen den Arbeiter:innen und Kund:innen ausgehandelt, eine Befragte erzählt: „Das einzige Problem, das ich finde, dass fast 70 Prozent von allen, die da schreiben, die wollen es schwarz.“ Das heißt, die Arbeitsverhältnisse sind meist informell – ohne schriftliche Verträge – und prekär bezahlt. Die soziale Absicherung bei Unfällen oder Krankheit, aber auch hinsichtlich der Pensionsansprüche wird auf die formal Selbstständigen abgewälzt.

Risiko sexuelle Belästigung

Da viele persönliche Daten (u. a. Geschlecht, Alter, Foto) öffentlich sichtbar sind, gibt es für die meist weiblichen Beschäftigten ein weiteres Risiko: sexuell belästigt zu werden. Insbesondere die jüngeren Frauen berichten von der Angst vor Übergriffen durch Kund:innen, ein Teil der Befragten hat dies bereits erlebt. Die Vorfälle reichen von unangemessenen Nachrichten über die Onlineplattform, übergriffigen Telefonanrufen bis hin zu Belästigung in den Haushalten selbst.

Narrativ des Marktplatzes

Die ungleichen Machtverhältnisse zwischen Nutzer:innen und Plattform sind leicht zu übersehen, denn betreut.at präsentiert sich als reiner Marktplatz. Dabei prägt die Plattform die Arbeitsverhältnisse, ohne Verantwortung für diese zu tragen. Die Bedingungen sind dabei besonders für diejenigen risikobehaftet, die ohnehin als vulnerabel gelten. Beschäftigte, die aufgrund des Aufenthaltsstatus wenig andere Möglichkeiten haben, am Arbeitsmarkt teilzuhaben, werden in die Informalität gedrängt. Während professionelle, staatliche Angebote im Bereich der Kinderbetreuung unterfinanziert bleiben, mag die Beschäftigung eines Babysitters per Mausklick für Familien attraktiv scheinen. Die Risiken tragen bei dieser Art der Onlineplattform vor allem die Plattformarbeiter:innen.

Magazin Gesunde Arbeit, Ausgabe 3/2024