Niemand will ersticken
Der neue Erlass regelt die Voraussetzungen zur Beschäftigung von ArbeitnehmerInnen in Räumen mit künstlich herbeigeführter Sauerstoffreduktion unter 17 Vol.-%. In der betrieblichen Praxis erfolgt eine Sauerstoffreduktion derzeit aus Brandschutzgründen (v. a. Hochregallager, Serverräume) sowie zur Haltbarmachung von Waren (z. B. Obst, Gemüselager). Der Erlass ist nicht anwendbar bei einer Sauerstoffreduktion zu anderen Zwecken.
In sauerstoffreduzierten Räumen ist keine ausreichende gesundheitlich zuträgliche Atemluft für die ArbeitnehmerInnen vorhanden und die raumklimatischen Verhältnisse sind dem menschlichen Organismus nicht angemessen (§§ 22f ASchG). Arbeiten sind daher aus Sicht der Arbeitsinspektion nur unter den im Erlass angeführten Voraussetzungen gesundheitlich unbedenklich durchführbar. Jedenfalls ist für Arbeiten in sauerstoffreduzierter Atmosphäre eine umfassende Gefahrenevaluierung des Arbeitsplatzes bzw. der Arbeitsvorgänge in auswärtigen Arbeitsstellen notwendig.
Weniger Leistung garantiert
Eine aktive Verdrängung des Sauerstoffs, in der Regel durch Stickstoff, ist eine technische Maßnahme. Sie wird unter anderem eingesetzt in EDV-Räumen, Telekommunikationsanlagen, Lebensmittellagern, Kühlhäusern, Bibliotheken und Archiven, in denen Beschäftigte regelmäßig Kontroll-, Reparatur- und Wartungsarbeiten mit Aufenthaltsdauern von mehreren Stunden vornehmen. Der Sauerstoffgehalt wird in diesen Bereichen von normal 21 Vol.-% auf 13 bis 17 Vol.-% durch Einbringung von Stickstoff abgesenkt. Neben Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit können Ohnmacht und Tod eintreten, wenn der Sauerstoffgehalt durch Störungen unter die festgelegte Mindestsauerstoffkonzentration absinkt.
In Deutschland legt die DGUV Information 205-006 (bisher BGI/GUV-I 5162) Risikobereiche mit Sauerstoffkonzentrationen in der Luft fest:
Risikoklasse 0: > 17 Vol.-% O2 in der Luft: unbedenklich
Risikoklasse 1: < 17 und > 15 Vol.-% O2 in der Luft: Leistungseinschränkungen
Risikoklasse 2: < 15 und > 13 Vol.-% O2 in der Luft: gesundheitsschädlich
Risikoklasse 3: < 13 Vol.-% O2 in der Luft: Bewusstlosigkeit, irreversible Schäden, Tod
Trotzdem bleibt ein Restrisiko
Entsprechend dem derzeitigen Stand der Medizin zu den Auswirkungen von sauerstoffreduzierter Atemluft auf ArbeitnehmerInnen dürfen ArbeitnehmerInnen in Räumen mit reduziertem Sauerstoffgehalt nur unter Erfüllung bestimmter Voraussetzungen und bei entsprechender Eignung beschäftigt werden.
Der neue Erlass sieht vor, dass je nach Risikoklasse unterschiedliche Voraussetzungen zu erfüllen sind. Nach dem Grad der wirksamen Sauerstoffkonzentration in Räumen teilt der Erlass die Risikoklassen ein in Risikoklasse A (unter 17 Vol.-%, mindestens 15 Vol.-%), Risikoklasse B (unter 15 Vol.-% , mindestens 13 Vol.-%) und Risikoklasse C (unter 13 Vol.-%). Abhängig von der Risikoklasse sind bei Arbeiten unterschiedliche Voraussetzungen zu erfüllen:
- In Risikoklasse A: Beschränkung der Arbeiten mit max. 6h/Tag, 30 min. Pause nach 4h, Aufzeichnungen.
- In Risikoklasse B: Zurverfügungstellung von on-demand-Sauerstoffapplikationsgeräten und Verwendung nach 4 Stunden Arbeitseinsatz, 30 min. Pause nach 2h, kontinuierliche Überwachung (Achtung: Antrag Arbeitgeber/in gem. § 95 Abs. 3 ASchG auf Atemschutz Ausnahme § 15 Abs. 2 Z 2 PSA V erforderlich).
- In Risikoklasse C: Zurverfügungstellung von tragbarem Atemschutz (§ 15 Abs. 2 Z 2 PSA V).
In den Risikoklassen A und B dürfen nur ArbeitnehmerInnen mit Eignungs- und Folgeuntersuchungen eingesetzt werden (Risikoklasse A: § 3b VGÜ 2017; Risikoklasse B: aufgrund AIÄD-Bescheidvorschreibung gemäß § 49 Abs. 3 ASchG).
Weiterführende Infos finden Sie auf der Website der deutschen BAuA.