Harte Arbeitsbedingungen in der Fleischverarbeitung
Medienberichte zeichneten zuletzt ein düsteres Bild über die Arbeitsbedingungen in der deutschen Fleischindustrie. Doch wie stellt sich die Situation in Österreich dar? Und welche Maßnahmen werden hier konkret ergriffen?
Im Gespräch mit Robert Schwarzbauer, Betriebsratsvorsitzender bei Radatz, und Johann Frank, Betriebsratsvorsitzender bei Wiesbauer, wird deutlich, dass die Herausforderungen vielfältig und komplex sind. „Es gibt kleine Fleischereien, in denen nur wenige Personen arbeiten, und große industrielle Betriebe mit stark ausgeprägter Arbeitsteilung“, erklärt Schwarzbauer. Die Anforderungen an die Beschäftigten unterscheiden sich dabei ebenso stark wie die Möglichkeiten der Betriebe, diesen zu begegnen.
Hohe Lasten
Fleischer:innen bewältigen im Laufe ihrer Arbeitszeit beeindruckende Gewichtsmengen. „Ein beladener Selchwagen wiegt gerne einmal 900 Kilogramm, ein Rinderviertel etwa 290 Kilogramm“, berichtet Schwarzbauer. „Viele können sich kaum vorstellen, wie sie diese körperlichen Belastungen bis zur Pension durchhalten sollen. Mit Hebehilfen haben wir in der Industrie jedoch bereits viel erreicht“, ergänzt Frank.
Extreme Temperaturen
Fleischer:innen arbeiten oft bei extremen Temperaturen – diese reichen von -38 bis +80 Grad Celsius. Laut § 66 Abs. 2 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) sind Arbeitgeber:innen verpflichtet, Arbeitsabläufe und -plätze so zu gestalten, dass die Einwirkung von Hitze oder Kälte möglichst gering bleibt. Wenn dies nicht ausreicht, muss die Dauer der Belastung gemäß § 68 Abs. 3 ASchG beschränkt werden. Besonders in Kühlräumen sind regelmäßige Aufwärmpausen daher unerlässlich.
Strenge Hygienevorschriften
Die strengen Hygienevorschriften in der Fleischverarbeitung stellen eine weitere Herausforderung für den Arbeitnehmer:innenschutz dar. „Das Produkt steht im Vordergrund. Die Vorschriften zum Schutz der Gesundheit der Kund:innen sind wichtig, gleichzeitig sind sie eine Belastung für die Beschäftigten“, erklärt Schwarzbauer. Bestimmte Vorschriften können die Möglichkeiten des Arbeitnehmer:innenschutzes in vielerlei Hinsicht einschränken. So kann die strikte Trennung von Tätigkeiten aus hygienischen Gründen die Jobrotation erschweren, welche monotone Arbeit verhindern soll. Laufende Kontrollen sind zudem eine große Stressbelastung. Selbst die Auswahl der persönlichen Schutzausrüstung ist aufgrund von Hygienevorgaben oft eingeschränkt.
„Unser Ziel muss es sein, die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass unsere Kolleg:innen gesund das Pensionsalter erreichen können“, betonen Schwarzbauer und Frank. Doch sie fügen hinzu: „Gleichzeitig ist es unerlässlich, die Schwerarbeit anzuerkennen, um denjenigen eine Perspektive zu bieten, die den hohen Belastungen nicht bis zur Pension standhalten, dafür braucht es künftig die richtigen politischen Entscheidungen.“
Magazin Gesunde Arbeit, Ausgabe 4/2024