Zum Hauptinhalt wechseln

Augmented Reality auf dem Prüfstand

Augmented Reality oder kurz AR ist mittlerweile auch bei Systemen am Arbeitsplatz im Einsatz. Neue AR-Systeme stellen nicht nur eine Herausforderung für BenutzerInnen dar, auch im ArbeitnehmerInnenschutz stehen Verantwortliche vor vielen neuen Fragen.

©Blue Planet Studio - stock.adobe.com

Augmented Reality lässt sich am ehesten mit „erweiterte Realität“ übersetzen. Benutzer von AR-Systemen tragen eine AR-Brille. Durch Kameras und andere Systeme erfasst diese die umliegende Umgebung und über ein Display im Inneren der Brille sendet sie Informationen an die AnwenderInnen. Auf diese Weise können AR-Systeme Arbeitsanweisungen oder Schulungsinhalte ins Gesichtsfeld der ArbeitnehmerInnen einblenden und/oder die mit Kamera, Mikrofon und anderen Sensoren erfassten Daten zur automatischen Verarbeitung weitergeleitet werden.

Die Produktionsgewerkschaft (PRO-GE) hat sich in Zusammenarbeit mit Magna, dem AIT (Austrian Institute of Technology) und der AUVA und gefördert mit Mitteln aus den Digitalisierungsfonds Arbeit 4.0 der AK Wien auf die Suche nach Antworten auf einige offene Fragen im Zusammenhang mit AR gemacht. Als Beispielarbeitsplatz diente die Qualitätskontrolle. Das Ergebnis dieser Kooperation sind drei Studien und konkrete Handlungsempfehlungen zur Implementierung von AR-Systemen im Betrieb.

Ergonomie

Die physikalische Belastung durch das Tragen der AR-Brille wurde im Zuge des Projektes durch Muskelaktivitätsmessungen und ein Protokoll über entstandene Druckstellen erforscht. AR-Brillen sind inzwischen leichter und die Gewichtsverteilung hat sich im Vergleich zu älteren Modellen schon verbessert. Dennoch gilt es bei der Gestaltung des Arbeitsplatzes stets im Auge zu behalten, dass die betroffenen ArbeitnehmerInnen ein zusätzliches Gewicht am Kopf tragen. AR-Systeme werden unter anderem durch Gestik und Laute gesteuert. Die Steuerung über die Gestik sollte dabei im Einklang mit der Tätigkeit durchführbar sein und ergonomisch gewählt werden. Lautsteuerung sollte an die Umgebung angepasst gestaltet sein.

Arbeitspsychologie

Die Anwendung von AR durch ArbeitnehmerInnen hat sich im Zuge der Studie als sehr komplex herausgestellt. Interaktion mit einem AR-System ist nicht intuitiv erfassbar, sondern muss gelernt werden. Aufgrund der hohen Komplexität empfiehlt auch das AIT, zum Ausgleich beim Einsatz von AR-Systemen regelmäßige Pausen zu planen. AR kann auch dazu führen, dass die Handlungsautonomie der ArbeitnehmerInnen massiv eingeschränkt wird. Durch das Angebot unterschiedlicher Eingabemöglichkeiten konnte Magna dieses Problem weitgehend in den Griff bekommen.

Unfallprävention

Die AR-Brille schränkt das Sichtfeld ein. Zudem können viele Einblendungen dazu führen, dass die Umgebung durch die TrägerInnen nicht mehr vollständig wahrgenommen wird. Dies kann die Unfallgefahr signifikant erhöhen. Es gilt daher, Arbeitsplätze, an denen AR zum Einsatz kommt, so gut wie möglich von potenziellen Gefahren zu trennen. Wo es möglich ist, kann es sinnvoll sein, die AR-Brille selbst dazu einzusetzen, aktiv auf bestimmte Restgefahren aufmerksam zu machen. Somit kann AR einerseits dazu führen, dass eine Gefahr (beispielsweise ein Stapler) übersehen wird, andererseits kann sie aktiv darauf aufmerksam machen und damit zur Unfallverhütung beitragen.

Magazin Gesunde Arbeit 4/2021