Zum Hauptinhalt wechseln

Arbeitsstätten – wie aus dem Bilderbuch

Arbeiterkammern und Gewerkschaften drücken auf die Tube. Ihr Ziel ist es, die alte Arbeitsstättenverordnung zu modernisieren – mehr Farbe statt schwarz-weiß. Die angestrebte Novelle soll Arbeitsstätten für die Menschen sicher, gesund und fit machen.

Adobe Stock / Erickson Stock

Die Urfassung der Arbeitsstättenverordnung (AStV) stammt aus dem Jahr 1998. Seither blieb in der Arbeitswelt kaum ein Stein auf dem anderen. Gewerkschaften und Arbeiterkammern haben daher ein großes Paket an Ideen für eine bessere AStV geliefert und an die vernachlässigte Verpflichtung erinnert (vgl. EU-Rahmenrichtlinie, RL 89/391/EWG): „Es ist Aufgabe der Mitgliedstaaten, in ihrem Gebiet die Sicherheit und den Gesundheitsschutz von Arbeitnehmern zu verbessern.“

Schön und gut arbeiten

Arbeiterkammern und Gewerkschaften wollen eine gesunde, sichere und menschengerechte Gestaltung der Arbeitsplätze, der Arbeitsumgebung und der Arbeitsorganisation. Sie fordern daher in der Arbeitsstättenverordnung:

  • § 15 AStV muss auf alle Arten von Behinderungen und der erforderlichen Barrierefreiheit abzielen.
  • Der unerträglichen Hitze muss ein Riegel vorgeschoben werden. Ab einer Raumtemperatur von über 25 °C sind geeignete Maßnahmen zu setzen. Dabei ist organisatorischen und technischen Maßnahmen Vorrang vor personenbezogenen Maßnahmen zu geben. Gelingt es nicht, die Raumtemperatur dauerhaft unter 30 °C zu halten, dann ist der Raum als Arbeitsraum jedenfalls ungeeignet – d. h. in letzter Konsequenz erhalten ArbeitnehmerInnen bezahlt Hitzefrei, bei wenigen klar definierten Ausnahmen.
  • Die lichte Höhe in Arbeitsräumen und die freie Bodenfläche entsprechen nicht mehr dem Stand der Wissenschaft und stimmen auch nicht mehr mit der Arbeitsrealität überein. Sie sind in Abhängigkeit der Grundfläche für neue Arbeitsstätten neu zu regeln.
  • Verschlafen wurde auch der Trend zu neuen Bürokonzepten und Bürolandschaften. Für Großraumbüros und Open-Space-Büros fehlen Regelungen, die auf die konkreten Bedürfnisse der ArbeitnehmerInnen eingehen – ebenso für Telearbeitsplätze.
  • Bei den Sozialeinrichtungen sind Verbesserungen nötig. Sie entsprechen nicht mehr den heutigen arbeitshygienischen Anforderungen.

Während Deutschland seine Hausaufgaben gemacht und 2016 die Arbeitsstättenverordnung modernisiert hat, wird von Österreich als einem der reichsten Länder der Welt mit Vorbildfunktion in der EU eigentlich mehr erwartet.

Wie viel Bürokratie?

Unnötige Bürokratievorgaben gehören entsorgt. Denn Arbeiterkammern und Gewerkschaften treten für Entbürokratisierung dort ein, wo sie für die Gesellschaft einen Fortschritt und Mehrwert bedeutet. Legitime Schutzinteressen dürfen dadurch aber nicht ausgehebelt werden. Sie wehren sich, wenn wichtige Schutzgesetze unter dem Deckmantel der Entbürokratisierung verschwinden sollen. Ein gewisses Maß an Bürokratie ist zum Schutz vor staatlicher Willkür notwendig. Erst die Schutzgesetze ermöglichen ein sicheres und gesundes Arbeiten – während „unbürokratisches“ Vorgehen im Ergebnis immer wieder schreckliches menschliches Leid verursacht.

Magazin Gesunde Arbeit 4/2019