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Gewalt und Mobbing im Betrieb: Ein Leitfaden für die Praxis

Was kann ich tun, wenn KollegInnen Gewalt und Belästigung erlebt haben oder erleben? Immer wieder sind Betriebsratsmitglieder und Sicherheitsvertrauenspersonen mit dieser Fragestellung konfrontiert.

BetriebsrätInnen beraten und unterstützen bei Gewalt und Mobbing am Arbeitsplatz. Adobe Stock / contrastwerkstatt

KollegInnen mit Gewalt- und Mobbingerfahrung tun sich oft sehr schwer, Strategien zu entwickeln, um sich erfolgreich zu wehren. Vielmehr stehen sie Attacken meist hilflos gegenüber und fühlen sich alleingelassen, unverstanden und wie gelähmt. Hinzu kommt, dass sich viele an den Übergriffen selbst die Schuld geben. Um zusätzliche Ausgrenzung zu verhindern, schweigen sie meist lange. Beratung und Unterstützung sind sehr wichtig, um solche KollegInnen in ihrem Selbstwertgefühl zu stärken und wieder handlungsfähig zu machen.

Hilfestellung für Gespräche

Gespräche über Gewalterfahrung können Betriebsratsmitglieder vor große Herausforderungen stellen. Ein Gesprächsleitfaden kann in dieser Situation Sicherheit geben. Folgende Punkte sind wichtig (Auszug aus der Sozialpartner-Broschüre „Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz – Instrumente zur Prävention“):

  • Offene Fragen zu Beginn des Gesprächs stellen, wie z. B.:
    • „Erzähl einmal/Erzählen Sie einmal, wie es dazu gekommen ist.“
    • „Um was geht es?“
    • „Wie äußert sich der Konflikt?“
    • „Seit wann besteht der Konflikt?“
    • „Was glauben Sie/Was glaubst du, ist der Grund für den Konflikt?“
  • Ratsuchende mit ihren Problemen wirklich ernst nehmen. Voreilige Ratschläge oder eine Verharmlosung des Problems („Nimm’s doch nicht so schwer, das wird schon wieder!“) helfen den Betroffenen nicht weiter.
  • Betroffenen absolute Vertraulichkeit zusichern.
  • Wenn das Problem ausreichend dargestellt wurde, bei der Suche nach Lösungsmöglichkeiten unterstützen: „Welcher Weg schwebt Ihnen/dir vor?“, „Gab es schon Gespräche?“, „Falls ja, welche und wie waren die Erfolge?“.
  • Nicht oberflächlich zum Handeln ermutigen, wenn die Ratsuchenden Ängste aussprechen, sondern vorsichtig auf die Konsequenzen des Nichthandelns verweisen.
  • Mögliche Lösungen und Unterstützung aus Sicht des Betriebsrates bzw. der Personalvertretung einbringen.
  • Wenn Betroffene das Problem nicht selbst lösen können, an eine Beratungsstelle verweisen. Erste Anlaufstelle im Betrieb sind Betriebsratsmitglieder, Sicherheitsvertrauenspersonen, ArbeitsmedizinerInnen, Arbeits- und OrganisationspsychologInnen sowie Personalverantwortliche. In bestimmten Fällen kann es aber sinnvoll sein, externe, professionelle Beratungsstellen aufzusuchen. Kontaktdaten finden sich in der Sozialpartnerbroschüre „Gewalt und Mobbing am Arbeitsplatz“.
  • Am Ende des Gesprächs die nächsten Schritte und das weitere Vorgehen vereinbaren.
  • Als Betriebsrat bzw. Personalvertretung nicht stellvertretend für die Betroffenen handeln, sondern nur gemeinsam mit ihnen.
  • Verfahren zur Konfliktlösung, die in einer Betriebsvereinbarung festgelegt sind, unterstützen und entlasten den Betriebsrat bzw. die Personalvertretung, um nicht selbst in Konflikte zwischen ArbeitnehmerInnengruppen hineingezogen zu werden.

Magazin Gesunde Arbeit 1/2022