Reinigungsarbeit sichtbar machen
Dr.in Karin Sardadvar, Soziologin, forschte viele Jahren an der Wirtschaftsuniversität Wien zum Thema Arbeitsbedingungen von Reinigungspersonal. Die AK Salzburg hat die Expertin zum Interview gebeten, um die Herausforderungen in diesem Berufsfeld aufzuzeigen.
Welchen Belastungen sind Reinigungskräfte ausgesetzt?
Entgegen vielen Vorurteilen kann Reinigungsarbeit eine durchaus erfüllende Tätigkeit sein: Reinigungskräfte berichten uns immer wieder, dass sie stolz auf ihre Arbeit sind und dass es Zufriedenheit auslösen kann, für Ordnung zu sorgen. Leider ist der gesellschaftliche Stellenwert dieser Arbeit sehr gering. Zu den Arbeitsbedingungen: Die Arbeit ist körperlich hart, Beschäftigte nehmen unangenehme Haltungen ein und haben mit Schmutz und Chemikalien zu tun. Die Arbeitszeiten liegen oft an den Tagesrandzeiten, auch unfreiwillige Teilzeitarbeit ist verbreitet. Die niedrigen Löhne in der Branche sind in Teilzeit nicht existenzsichernd.
Warum arbeiten Reinigungskräfte vorwiegend an Tagesrandzeiten?
Für Kundenunternehmen erscheint es bequem, wenn die Reinigung erledigt wird, bevor ihre eigenen Beschäftigten kommen und nachdem diese gegangen sind. Die Produktivität soll nicht gestört werden, daher wird die Reinigungsarbeit an den Tagesrand geschoben. Damit wird sie aber auch unsichtbar gemacht.
Was muss geschehen, damit Reinigungsarbeit sichtbarer werden kann?
Es braucht einerseits strukturelle Veränderungen und andererseits einen Wandel in der öffentlichen Wahrnehmung. Eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und existenzsichernde Löhne sind wichtig, um die Beschäftigten abzusichern, aber auch um die Bedeutung dieser Arbeit zu betonen. Öffentliche Auftraggeber sollten darauf achten, welche Arbeitsbedingungen – und eben auch Arbeitszeiten – bei den von ihnen beauftragten Reinigungsdienstleistern vorliegen.
Was kann man Unternehmen raten, die auf Tagreinigung umstellen möchten?
Es ist wichtig, die eigene Belegschaft darüber zu informieren, wie die Reinigung im Betrieb organisiert ist. Also welche Aufgaben in der Reinigungsdienstleistung enthalten sind und welche nicht. Wird auf Tagreinigung umgestellt, hat es sich bewährt, die Reinigungskräfte persönlich vorzustellen, damit Beschäftigte des Kunden- und des Reinigungsunternehmens miteinander bekannt gemacht werden. Die Reinigungskräfte selbst sollten auch gefragt werden, welche Arbeitszeiten für sie wünschenswert sind. Manche Beschäftigte haben ihr Alltagsleben mit Kindern, Haushalt, Erwerbsarbeit und eventuell auch Angehörigenpflege schon so organisiert, dass es nun gerade gut funktioniert – da kann eine plötzliche Veränderung der Arbeitszeit auch Schwierigkeiten mit sich bringen.
Wer hilft Unternehmen bei der Umstellung auf Tagreinigung?
Eine Broschüre, die ich mit der WKÖ erstellt habe, bündelt Hinweise für Reinigungskräfte, Reinigungsunternehmen und Kundenunternehmen zur Umstellung auf Tagreinigung. In der Handlungshilfe „Gute Arbeit durch faire Vergabe“ hat die Einrichtung ArbeitGestalten in Deutschland einen Leitfaden zur Musterausschreibung für die Tagreinigung vorgestellt. Gerne stehe auch ich selbst gemeinsam mit Kolleg:innen für Beratungsleistungen zur Verfügung.
Magazin Gesunde Arbeit, Salzburg-Ausgabe 4/2024