Arbeitsinspektion mit weißer Weste
Dem Anschwärzen der Arbeitsinspektion mit untauglichen, nicht nachvollziehbaren Beispielen muss ein Riegel vorgeschoben werden. „Der Schutzzweck des ArbeitnehmerInnenschutzes darf nicht untergraben werden“, stellte BM Stöger in seiner parlamentarischen Anfragebeantwortung klar. „Gesunde Arbeit“ sorgt im Dschungel der Verwirrungen und Verirrungen durch abstrakte Bürokratiebeispiele für Transparenz und bringt Auszüge aus der parlamentarischen Anfragebeantwortung (8677/AB).
Die weiter unten beschriebenen Beispiele sind abstrakte Fälle ohne Angabe von Zeitpunkt, Ort, Arbeitsinspektorat oder konkreter, schriftlicher Aufforderung oder Strafanzeige, insofern ist es nicht möglich, die Sachverhalte zu prüfen und zu verifizieren. Falls Unklarheiten zur Vorgehensweise von Arbeitsinspektionsorganen bestehen, können sich ArbeitgeberInnen an die LeiterInnen der Arbeitsinspektorate oder an das Zentral-Arbeitsinspektorat wenden. Den Vorwurf einer lebensfremden, bürokratischen oder schikanösen Anwendung der ArbeitnehmerInnenschutzvorschriften wies BM Stöger entschieden zurück. Als Vollzugsorgan handelt die Arbeitsinspektion auf Basis der Rechtsvorschriften (Legalitätsprinzip) und muss die Rechtsvorschriften aber auch vollziehen.
Ein Widerspruch zwischen ArbeitnehmerInnenschutzvorschriften und Vorschriften anderer Rechtsgebiete ist grundsätzlich zu vermeiden. Darauf wird im Rahmen der Ausarbeitung von Rechtsvorschriften bzw. im Rahmen von Begutachtungsverfahren hingewirkt. Der Schutzzweck des ArbeitnehmerInnenschutzes darf allerdings nicht untergraben werden.
Erfolge und die nächsten Schritte
Seit Inkrafttreten des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes mit 1. Jänner 1995 ist ein deutlicher Rückgang bei den der AUVA gemeldeten Arbeitsunfällen zu beobachten und damit auch der Kosten, die den Betrieben und der Volkswirtschaft durch Arbeitsunfälle entstehen. Konkret konnten seit dem Jahr 2000 die Arbeitsunfälle um ca. 18 % reduziert werden. Das Risiko für Beschäftigte, einen Arbeitsunfall zu erleiden, ist damit um ca. ein Viertel zurückgegangen. Klarerweise wirkt sich dieser Rückgang auch positiv auf die Betriebe aus. Aus Statistiken der AUVA für die Jahre 1995 bis 2011 ergibt sich, dass die Kosten für die österreichischen Betriebe durch den Rückgang an Arbeitsunfällen um ca. 2,2 Milliarden Euro reduziert wurden, womit auch eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit verbunden ist. Der volkswirtschaftliche Schaden konnte in dem Zeitraum um rund 8,6 Milliarden Euro reduziert werden.
Dies konnte auf Grundlage u.a. der kritisierten gesetzlichen Bestimmungen im ArbeitnehmerInnenschutz, die grundsätzlich auf Sozialpartnereinigungen beruhen, und durch Aktivitäten aller um den ArbeitnehmerInnenschutz bemühten Personen und Institutionen (z.B. ArbeitgeberInnen, ArbeitnehmerInnen, Arbeitsinspektion, Unfallversicherungsträger, Interessenvertretungen) erreicht werden.
Daneben ist eine Zunahme von psychischen Belastungen und Gefährdungen in der Arbeitswelt immer öfter - neben den physischen Belastungen des Muskel-Skelett-Apparates - als Ursache für arbeitsbedingte Beschwerden und Erkrankungen zu beobachten. Diese Belastungen können etwa aufgrund ungünstiger Arbeitsumgebung entstehen. Hier muss auch in Hinblick auf die Anhebung des faktischen Pensionsalters und das Hintanhalten von Berufsunfähigkeits- und Invaliditätspensionen - psychische Erkrankungen weisen dabei einen immer höheren Anteil auf - gegengesteuert werden. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass sich überlange oder sehr unregelmäßige Arbeitszeiten negativ auf die Gesundheit auswirken können (z.B. www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Arbeitszeit/Arbeitszeit.html).
Ausgewählte, an den Haaren herbeigezogene Beispiele:
Zwei ähnliche Fälle mit Gesundheitsgefahr durch langes Stehen
In einem Kaffeehaus ist ein Fliesenboden verlegt. In einem anderen Kaffeehaus ist der Boden rutschig. Der Arbeitgeber zeigt kein Verständnis für den Vorschlag, geeignetes Schuhwerk zur Verfügung zu stellen. Reinigbarkeit und Rutschhemmung sind bei alternativen Bodenbelägen zu beachten.
Anfragebeantwortung:
§ 61 Abs. 1 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) regelt: Arbeitsplätze müssen so eingerichtet und beschaffen sein und so erhalten werden, dass die ArbeitnehmerInnen möglichst ohne Gefahr für ihre Sicherheit und Gesundheit ihre Arbeit verrichten können. Fallweise wurde früher in Genehmigungsverfahren von der Genehmigungsbehörde auf dieser Grundlage ein weicher Bodenbelag (z.B. Kunststoffböden) als Bescheidauflage vorgeschrieben, mit dem Ziel die Gesundheitsgefahren (Gefäßerkrankungen, Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparates) durch langes Stehen hintanzuhalten.
§ 6 Abs. 1 Z 2 der Arbeitsstättenverordnung (AStV) regelt: Fußbodenoberflächen sind so zu gestalten, dass sie befestigt, trittsicher und rutschhemmend sind. Der vermeintliche Gegensatz zwischen Reinigbarkeit und Rutschhemmung bzw. ergonomischer Anforderungen kann in der Praxis im Regelfall durch geeignetes Schuhwerk gelöst werden (Berufsschuhe, die ein ergonomisches Fußbett, nachgewiesene Dämpfung im Fersenbereich und eine ausreichende Rutschhemmung haben).
Ergänzend merkt „Gesunde Arbeit“ an: Berufsschuhe für KellnerInnen sind zudem in § 8 Abs. 4 der Verordnung Persönliche Schutzausrüstung (PSA-V) i.V.m. § 8 Abs. 2 Z 2 und Z 10 PSA-V bei Vorliegen dieser Gefahren (Evaluierung) geregelt. In den Erläuternden Bemerkungen zur PSA-V steht dazu: Berufsschuhe (ÖNORM EN ISO 20347) sind eine persönliche Schutzausrüstung i.S.d. PSA-VO, soferne sie den Inverkehrbringervorschriften entsprechen (PSASV, CE-Kennzeichnung). Berufsschuhe sind Schuhe ohne Zehenschutzkappe, die den Träger/die Trägerin vor Verletzungen und Beeinträchtigungen schützen. Sie sind geschlossen ausgeführt (nicht zehenfrei) und verfügen über zumindest ein schützendes Merkmal (antistatisch, rutschfest u.a.). Übliche Einsatzorte dieser PSA sind Praxen, Labore, Küchen, Krankenhäuser, Restaurants u.a.
Beispiel Putzmittel „CIF“
Braucht der Arbeitgeber ein Sicherheitsdatenblatt für „CIF“?
Anfragebeantwortung:
§ 41 ASchG regelt zusammengefasst: ArbeitgeberInnen müssen sich im Rahmen der Arbeitsplatzevaluierung hinsichtlich aller verwendeten Arbeitsstoffe vergewissern, ob es sich um gefährliche Arbeitsstoffe handelt. Weiters müssen sie die Eigenschaften ermitteln und gefährliche Arbeitsstoffe einstufen sowie die Gefahren beurteilen. Im Zweifel müssen Auskünfte von den LieferantInnen eingeholt werden. ArbeitgeberInnen können sich jedoch auf eine vorliegende Einstufung/Kennzeichnung nach der CLP-Verordnung, dem Chemikaliengesetz 1996, dem Pflanzenschutzmittelgesetz, dem Abfallwirtschaftsgesetz oder dem Biozid-Produkte-Gesetz verlassen. Die Tatsache, dass ein Arbeitsstoff nicht gekennzeichnet ist, bedeutet aber nicht unbedingt, dass er nicht gefährlich ist. In regelmäßigen Zeitabständen sind Art, Ausmaß und Dauer der Einwirkung auf Beschäftigte bzw. auftretende Konzentrationen zu ermitteln. Im Hinblick auf die im Betrieb verwendeten Arbeitsstoffe ist Ziel der Arbeitsstoffevaluierung die stetige Verbesserung der Arbeitsbedingungen.
Unverständnis für „Ersthelfer“-Regelung
Anfragebeantwortung:
Die Regelung gilt seit 1.1.2010 (ASchG-Novelle BGBI. I Nr. 147/2006 und AStV-Novelle BGBI. 11 Nr. 256/2009). Sie wurde aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 6. April 2006, C-428/04, betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingeführt. Vorher waren Erst-HelferInnen erst ab fünf Beschäftigten erforderlich. Das widersprach laut EUGH-Urteil dem Art. 8 Abs. 2 und UAbs. 1 der RahmenRL 89/391/EWG, wonach ErsthelferInnen unabhängig von der Betriebsgröße bestellt werden müssen.
Trinken und gesundheitsgefährdende Arbeitsstoffe machen krank
Im Fallbeispiel stehen Kaffee- und Getränkeautomaten trotz gesetzlichen Verbotes in der Produktionshalle, wo Edelstahl verarbeitet wird.
Anfragebeantwortung:
§ 52 Abs. 5 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) regelt: Bei Arbeiten mit gesundheitsgefährdenden Arbeitsstoffen ist das Essen, Trinken und Rauchen, die Einnahme von Medikamenten und die Verwendung von kosmetischen Mitteln verboten. In Arbeitsräume, in denen Arbeiten mit solchen Arbeitsstoffen vorgenommen werden, dürfen Getränke, Ess- und Rauchwaren nicht mitgebracht werden. Auf diese Verbote muss durch deutlich sichtbare Anschläge hingewiesen sein. ArbeitnehmerInnen, die Arbeiten mit gesundheitsgefährdenden Arbeitsstoffen durchführen, sind anzuhalten, sich insbesondere vor dem Essen, Trinken oder Rauchen und nach Arbeitsschluss gründlich zu reinigen.
Zu geringe Raumhöhe in Mostschenke geht nicht
Obwohl zunächst die Betriebsanlagengenehmigung trotz zu geringer Raumhöhe von der zuständigen Behörde erteilt wurde, ist dieser Fall im Sinne des ArbeitnehmerInnenschutzes geklärt.
Anfragebeantwortung:
Zu dem geschilderten Fall liegt mittlerweile die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark (LVwG 43.21-21.58/2015-12) vor, mit der der Beschwerde des Arbeitsinspektorates stattgegeben wurde und der angefochtene Bescheid behoben wurde.
Der billigste Sonnenschutz tut´s nicht
Ein Arbeitgeber will die Fenster nur mit den billigsten Sonnenschutz, nicht jedoch mit einem, dem Stand der Technik entsprechenden und vor allem wirksamen Sonnen- und Hitzeschutz ausstatten.
Anfragebeantwortung:
§ 8 Abs. 1 Z 2 AStV regelt: Es ist dafür zu sorgen, dass Fenster, Lichtkuppeln und Glasdächer so beschaffen oder mit geeigneten Einrichtungen ausgestattet sind, dass direkte Sonneneinstrahlung auf ArbeitnehmerInnen oder störende Hitze oder Kälte vermieden werden und diese Einrichtungen leicht und gefahrlos zu betätigen sind. Außenjalousien sind immer zweckmäßiger als sonnenabweisende Folien und Innenjalousien.
Außenjalousien müssen einstellbar sein, um den Lichteinfall so regeln zu können, dass direkte Sonne verhindert wird, aber trotzdem noch Licht in den Arbeitsraum tritt. Dem Stand der Technik entsprechende Außenjalousien können das.
Die parlamentarische Anfragebeantwortung (8677/AB) finden Sie anbei zum Downloaden.