Evaluierung arbeitsbedingter psychischer Belastungen
Das ASchG regelt die verbindliche Ermittlung und Beurteilung von psychischen Belastungen und Gefahren am Arbeitsplatz. Liegen psychische Gefahren für die Arbeitnehmer:innen vor, müssen Arbeitgeber:innen wirksame Schutzmaßnahmen setzen. Sicherheitsvertrauenspersonen (SVP) und Betriebsräte sind wichtige Partner:innen bei diesem Prozess.
Die ÖNORM EN ISO 10075-1 definiert psychische Belastung als die „… Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf einen Menschen zukommen und diesen psychisch beeinflussen“. Psychische Belastungen, die zu Fehlbeanspruchungen führen können, sind etwa:
- Oft und/oder langes Warten auf Informationen, um die Arbeit fortsetzen zu können
- Erforderliche Arbeitsmittel funktionieren schlecht und behindern die Ausführung der Arbeit
- Ungenügendes Konzentrieren aufgrund hoher Lautstärke
- Wenig bis kaum Unterstützung und Feedback
- Die Arbeitsinhalte sind gleichförmig und wiederholen sich ständig
Psychische Belastungen können sich negativ auf die Gesundheit auswirken
„Unter Gesundheit im Sinne dieses Bundesgesetzes ist physische und psychische Gesundheit zu verstehen“ (§ 2 Z 7a ASchG). Für die ÖNORM EN ISO 10075-1 „…bezieht sich psychisch auf kognitive und emotionale Vorgänge im Menschen“.
Folgende Arbeitsbedingungen können etwa mit psychischen Belastungen verbunden sein:
- Arbeitsaufgaben und Art der Tätigkeiten: Umgang mit Menschen, einseitige und gleichförmige Tätigkeiten, hohe Informationsdichte etc.
- Arbeitsumgebung und Arbeitsraum: Lärm, Klima, Platzverhältnisse etc.
- Sozial- und Organisationsklima: Zusammenarbeit mit Führungskräften und Kolleginnen bzw. Kollegen, Feedback-Kultur etc.
- Arbeitsabläufe und Arbeitsorganisation: Unterbrechungen, fehlende Information, Doppelarbeit, Arbeitszeitgestaltung etc.
Sowohl körperliche als auch psychische Belastungen können Gesundheitsstörungen zur Folge haben: einerseits physische – z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Erkrankungen des Muskel-Skelett-Apparates und des Verdauungssystems – und andererseits psychische Beeinträchtigungen – z. B. chronische Erschöpfung, Schlafstörungen, Depression, Angst etc.
Ablauf der Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastungen (§ 4 ASchG)
Die Arbeitsplatzevaluierung ist ein Prozess, mit dem Ziel einer ständigen Verbesserung der Arbeitsbedingungen.
Dieser umfasst für die Evaluierung psychischer Belastungen folgende Schritte:
1. Start: Informationen sammeln, interne Steuergruppe einrichten – mit geeigneten Fachleuten, wie Arbeits- und Organisationspsycholog:innen, Arbeitsmediziner:innen, Sicherheitsfachkräften sowie betrieblichen Entscheidungspersonen, SVP, Betriebsrat etc.
2. Konzept: Festlegen, mit welchem standardisierten und geeigneten Verfahren, wann und durch wen Belastungen für welche Organisationsbereiche bzw. welche Tätigkeitsgruppen erfasst werden, und wie der Evaluierungsablauf im Detail erfolgen soll.
3. Information: Alle Führungskräfte und Arbeitnehmer:innen sollen vorab über Ziele und Ablauf informiert werden.
4. Ermittlung (§ 4 ASchG): Erhebung mit standardisiertem und geeigneten Verfahren nach ÖNORM EN ISO 10075-3 durchführen – geprüfte arbeitspsychologische Diagnoseverfahren wie schriftliche Befragung, Einzel- oder Gruppeninterviews, Beobachtung.
5. Beurteilung (§ 4 ASchG): Bewertung der Ergebnisse entsprechend der Verfahrensvorgaben – Ergebnisse kritisch oder unkritisch, viel oder wenig Handlungsbedarf etc.
6. Maßnahmen ableiten (§§ 4 und 7 ASchG): Vertiefte Analyse der konkret als kritisch bewerteten Arbeitssituationen – z.B. durch Einzel- oder Gruppengespräche, Beobachtung – um ursachenbezogene und kollektiv wirksame Maßnahmen ableiten zu können (§ 7 ASchG).
7. Dokumentation (§ 5 ASchG): Alle festgestellten psychischen Gefahren und die Maßnahmen sind im Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokument festzuhalten. Betriebsräte, SVPs und Arbeitnehmer:innen sind einzubinden.
8. Umsetzen und Prüfen § 4 ASchG: Die Wirksamkeit der Maßnahmen muss geprüft werden. Die Arbeitsplatzevaluierung muss regelmäßig aktualisiert werden, z. B. nach Zwischenfällen mit erhöhter psychischer Fehlbeanspruchung (§ 4 Abs. 5 Z 2a ASchG).