Darf der 16-jährige Lehrling aufs Dach?
„16-jähriger Lehrling auf Baustelle schwer verletzt“, „15-jähriger Lehrling verletzt sich an Kreissäge schwer“: Meldungen dieser Art finden sich immer wieder in den Medien. Abgesehen von den individuell tragischen Folgen wird sehr rasch die Frage gestellt: War die Beschäftigung eines Jugendlichen überhaupt zulässig? Wurde die Aufsichtspflicht verletzt?
Jugendliche unter 18 Jahren sind besonders geschützt. Arbeiten mit gefährlichen Arbeitsstoffen und Arbeitsmitteln, Arbeiten unter psychischen und physischen Belastungen sowie gefährliche oder belastende Arbeitsvorgänge sind entweder gar nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen, wie z. B. Mindestalter, Aufsicht, Schutzvorrichtungen, vorherige Gefahrenunterweisung etc., erlaubt. Betriebe sind zur Einhaltung der Schutzvorschriften für Jugendliche verpflichtet. Ziel ist es, ganz besonders die Jugendlichen vor Arbeitsunfällen zu schützen und sie auf die Unfall- und Verletzungsgefahren ihres Berufs aufmerksam zu machen. Als ausgelernte Fachkräfte müssen sie die mit ihrem Beruf verbundenen Gefahren kennen und auf ihre körperliche Unversehrtheit und ihre Gesundheit achten.
Berufsbilder und ArbeitnehmerInnenschutz für Jugendliche
Für jeden Lehrberuf gibt es ein Berufsbild, eine Verordnung, die festlegt, was im jeweiligen Lehrberuf im Betrieb gelernt werden muss. Es handelt sich um Fertigkeiten und Kenntnisse, die für die Ausübung des Berufes essenziell sind. Die Betriebe sind verpflichtet, diese festgelegten Ausbildungsinhalte zu vermitteln. Dabei dürfen jugendliche Lehrlinge aber nur Tätigkeiten ausüben, die auch erlaubt sind. Die Berufsbilder müssen daher auch den ArbeitnehmerInnenschutzvorschriften für Jugendliche entsprechen und dürfen sich – vor allem im ersten Lehrjahr – nur in den Grenzen der für Jugendliche erlaubten Tätigkeiten bewegen. Die Betriebe müssen bei der Ausbildung von jugendlichen Lehrlingen besonders achtsam vorgehen und besondere Schutzmaßnahmen treffen, wenn Jugendliche mit zwar prinzipiell erlaubten, aber potenziell gefährlichen Tätigkeiten beschäftigt werden.
Was ist verboten?
In der Praxis muss daher bei der Gestaltung der Berufsbilder die Verordnung zum Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz herangezogen werden, weil Arbeiten z. B. auf dem Dach oder auf Gerüsten bzw. die Benützung von bestimmten Maschinen für Jugendliche nur mit Einschränkungen bzw. unter bestimmten Auflagen und Bedingungen erlaubt sind. Da die Lehrlinge zu Beginn des Lehrverhältnisses in Österreich durchschnittlich 16 Jahre alt sind, ist – zumindest im ersten Lehrjahr – davon auszugehen, dass bestimmte Tätigkeiten eines Lehrberufs für jugendliche Lehrlinge vorerst verboten oder nur mit Einschränkungen erlaubt sind.
Die Antwort auf die eingangs gestellte Frage ist in der Verordnung zum Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz zu finden: Arbeiten auf Dächern sind erst nach 12 Monaten Ausbildung unter Aufsicht erlaubt, außer es wurden bestimmte technische Schutzmaßnahmen gegen Absturz getroffen.
Magazin Gesunde Arbeit 3/2019