Die digitale Balance finden
Digitalisierung und Psyche: Fluch oder Segen? Die Digitalisierung verändert nicht nur unsere Art zu arbeiten, zu kommunizieren und zu konsumieren, sondern hat auch Einfluss auf unsere Psyche. Aber was macht der digitale Wandel eigentlich mit unserer mentalen Gesundheit und wie finden wir in dieser zunehmend digitalen Welt unseren eigenen guten Weg?
Dass digitale Technologien unser Leben in vielen Aspekten erleichtern, unterschreiben wohl die meisten Menschen. Gleichzeitig zeigen Forschung und Praxis, dass wir auch die damit verbundenen Tücken und Risiken nicht unterschätzen dürfen – etwa digitale Überlastung.
Was die Wissenschaft über digitalen Stress weiß
Digitaler Stress entsteht durch die intensive Nutzung und Allgegenwärtigkeit von digitalen Technologien. Wenn uns digitale Technologien übermäßig ablenken, wir durch Informationsflut und Komplexität nicht mehr durchblicken, uns die Technik regelmäßig im Stich lässt oder wir das Gefühl haben, ständig erreichbar sein zu müssen, dann macht das Stress. Daten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz belegen das eindrücklich (Riedl, R., Fischer, T., Kalischko, T., Reuter, M. – 2020. Digitaler Stress – eine Befragungsstudie im deutschsprachigen Raum) und warnen vor emotionaler Erschöpfung bis hin zur Entwicklung von Burn-out, depressiven Symptomen und anderen mentalen Gesundheitsproblemen. Die negativen Auswirkungen auf die geistige Leistungsfähigkeit, Motivation und Zufriedenheit sind weitere triftige Gründe, warum auch eine betriebliche Auseinandersetzung mit digitalem Stress erforderlich und lohnenswert ist.
Das Beste aus beiden Welten
Wer das Beste aus digitaler und analoger Welt herauszuholen weiß, könnte „Gewinner:in“ im digitalen Wandel sein. Digitalisierung aufhalten zu wollen, bringt uns nicht weiter, ein bewusster Umgang und Ausgleich aber durchaus. Digitale Balance ist eine Antwort, die es braucht, um in einer digitalisierten Welt selbstbestimmt und ausgeglichen leben zu können. Wenn wir uns selbst ehrlich fragen, wie oft und möglicherweise unreflektiert wir am Tag unser Smartphone benutzen oder unsere E-Mails checken, dann erkennen wir vielleicht, dass ein „richtiges“ Maß oft fehlt. Immer wieder ganz bewusst „offline“ zu gehen, klare E-Mail-Zeitfenster zu definieren oder aufpoppende Benachrichtigungen auszustellen, sind Beispiele, wie jede:r Einzelne etwas für die eigene gesunde Balance tun kann. Unser Gehirn braucht Pausen, unsere Psyche braucht Zeit zum Verarbeiten – wir sind alle gut beraten, uns mit dieser Tatsache anzufreunden.
Ein Plädoyer für das Menschliche
Für Betriebe gilt es, den Menschen als soziales und emotionales Wesen im digitalen Wandel abzuholen, einzubinden und angemessen zu unterstützen und zu begleiten. Investitionen in persönliche und vertrauensvolle Beziehungen lohnen sich weiterhin. Menschlich ist auch, dass Wandel ein Prozess ist und dieser damit auch Zeit, Geduld und Nachsicht benötigt.
Kontakt
Mag. Dr. Thomas Hochwartner, Bereichsleitung Gesundheitsförderung und Arbeitspsychologie im AMZ® Mödling
Rückfragemöglichkeit per E-Mail: thomas.hochwartner@amz.at
Magazin Gesunde Arbeit, Niederösterreich-Ausgabe 4/2024