Überwacht werden, nicht mitbestimmen können – die Digi-Sorgen der Beschäftigten
Die AK Wien präsentierte heute die Ergebnisse einer IFES-Umfrage zur Digitalisierung in Österreich und wie die AK zu einer gerechten Arbeitswelt von morgen beiträgt.
„Computer übernehmen in einigen Jahren ein Drittel der Jobs.“ „Roboter gefährden Millionen Arbeitsplätze in Europa.“ Solche Schlagzeilen dominierten die Berichterstattung vor einigen Jahren, wenn es um Digitalisierung ging. Die AK wollte wissen, wie sich die vergangenen Pandemiejahre auf das Thema Digitalisierung ausgewirkt haben, und hat IFES im Herbst 2022 damit beauftragt, zu beforschen, wie digitalisierungsfit sich die Beschäftigten in Österreich sehen und was derzeit ihre größten Ängste und Hoffnungen im Zusammenhang mit der Digitalisierung sind.
„Die Ergebnisse der Umfrage zeigen uns als Arbeiterkammer, wo besonderer Handlungsbedarf besteht“, sagt AK-Direktorin Silvia Hruška-Frank. Vor allem die Themenbereiche Überwachung am Arbeitsplatz, Mitbestimmung, Bildung und die Digitalisierung als Chance für alle sind in diesem Zusammenhang wichtig, damit alle Arbeitnehmer:innen etwas vom technischen Fortschritt haben.
Umfrage zeigt: Drei Viertel der Beschäftigten rechnen mit mehr Überwachung am Arbeitsplatz
Die IFES-Umfrage hat sehr interessante Ergebnisse zu Tage gebracht. Die gute Nachricht zuerst: Von den rund 4 Millionen AK-Mitgliedern sehen sich mehr als zwei Drittel gut darin, digitale Systeme zu nutzen – dabei gilt grundsätzlich: je jünger, je höher die Schulbildung, je höher das Einkommen, desto mehr sind diese digitalen Basis-Skills vorhanden.
Prinzipiell ist eine positive Einstellung zur Digitalisierung vorhanden: Knapp 60 Prozent sagen, die Digitalisierung bringe in ihrer Arbeit mehr Vor- als Nachteile. Elf Prozent, also beinahe jede/r zehnte Beschäftigte, sieht durch die Digitalisierung Nachteile. Bei Menschen ohne Matura sind es beispielsweise aber schon 15 Prozent die Nachteile sehen.
Sorge vor mehr Überwachung und Kontrolle als Folge der Digitalisierung
74 Prozent, oder anders gesagt, etwa drei Millionen Beschäftigte fürchten durch die fortschreitende Digitalisierung mehr Überwachung. Dass diese Angst nicht unbegründet ist, zeigen zahlreiche Fälle, die in letzter Zeit die AK erreicht haben, wo Arbeitgeber:innen mit unerlaubten Mitteln ihre Mitarbeiter:innen überwachen.
Angst vor weniger Mitbestimmung
32 Prozent erwarten sich durch die Digitalisierung weniger Möglichkeiten der Arbeitnehmer:innen, im Betrieb mitbestimmen zu können. Was die Digitalisierung im eigenen Betrieb betrifft, sagen 20 Prozent, dass es in ihrem Betrieb keine ausreichenden Begleitmaßnahmen gibt, wenn neue digitale Arbeitsmittel im Betrieb eingeführt werden. In fast vier von zehn Fällen (36 Prozent) werden die Arbeitnehmer:innen wenig bis gar nicht eingebunden, wenn neue Arbeitsmittel eingeführt werden.
Arbeitszeit und Freizeit verschwimmen immer mehr
Mehr als ein Viertel der Beschäftigten (27 Prozent), also etwa 1,1 Millionen Arbeitnehmer:innen geben an, dass Arbeitszeit und Freizeit verschwimmen. Das ist aus mehreren Gründen alarmierend. Das Arbeitsrecht sagt klar: Beschäftigte haben ein Recht auf ungestörte Freizeit. Gesundheitlich hat das nämlich viele Folge für die Arbeitnehmer:innen: Ständige Erreichbarkeit verursacht Stress, Grübeln und Nachdenken über die Arbeit. Daraus resultieren Schlafschwierigkeiten und Schlaflosigkeit. Es gibt einen Zusammenhang zwischen ständiger Erreichbarkeit und psychischen Belastungen. 56 Prozent der Befragten sagen auch, dass in ihrem Betrieb durch die Digitalisierung Dokumentations- und Berichtspflichten zunehmen. Das sind zusätzliche Tätigkeiten, die den Arbeitsdruck auf die Arbeitnehmer:innen noch verstärken.
Was muss für eine bessere Digitalisierung passieren?
Damit möglichst alle Arbeitnehmer:innen von der Digitalisierung profitieren und es in der Arbeitswelt von Morgen gerecht zugeht, fordert die AK:
- Überwachung am Arbeitsplatz beschränken: Die AK fordert menschenwürdige Arbeitsbedingungen für die Arbeitnehmer:innen! Die Datenschutz- und Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer:innen gilt es auch am Arbeitsplatz zu schützen, sie dürfen keinen übermäßigen Eingriffen ausgesetzt werden.
- Entgrenzung von Arbeit und Freizeit verhindern: Hier braucht es Vorkehrungen, um den Arbeitnehmer:innen Offline-Zeiten zu ermöglichen. Zusätzlich und als Voraussetzung muss die Sensibilität für die Bedeutung einer Grenzziehung zwischen Arbeit und Leben geschärft werden.
- Recht auf Weiterbildung für alle: Die AK fordert einen gesetzlichen Rechtsanspruch auf eine Woche Weiterbildung pro Jahr in der bezahlten Arbeitszeit. Damit würde Österreich endlich die Resolution der Internationalen Arbeitsorganisation ILO aus dem Jahr 1974 für eine bezahlte Bildungsfreistellung umsetzen – mit fast 50 Jahren Verspätung.
- Qualifizierungsgeld für alle: Alle Arbeitnehmer:innen über 25 Jahren sollen das Recht für insgesamt drei Jahre Aus- und Weiterbildung im Lauf von 15 Jahren bekommen. Bezahlt werden soll das Qualifizierungsgeld aus dem Finanzierungstopf der Bundesregierung.
- „Digital Natives“ stärken, Neues zu lernen: Der Digitale Wandel lässt so gut wie keinen Lebensbereich aus, schon gar nicht die Schule. Dabei zeigen sich drei große bildungspolitische Herausforderungen rund um den Digitalen Wandel: Digitale Bildung in der Schule, Schulkosten und Lernfreude.
AK unterstützt Weiterbildungen und Projekte
Seit Start des Zukunftsprogramms (2019 bis 2023) wurden von der AK österreichweit 500 digitale Projekte gefördert. Einerseits unterstützt die AK dank dieser Digitalisierungsoffensive den Erwerb von Qualifikationen, andererseits werden Projekte gefördert, die dazu beitragen, dass die Digitalisierung gerechter abläuft.
„Das Zukunftsprogramm 2019 bis 2023 und die Digitalisierungsoffensive der AK tragen dazu bei, dass in Österreich die arbeitenden Menschen im Zentrum der Überlegungen zur Arbeitswelt von Morgen stehen“, sagt Silvia Hruška-Frank. „Denn wir wollen, dass unsere Mitglieder keine Angst vor der Zukunft haben, weil sie wissen, dass jemand an ihrer Seite ist und darauf achtet, dass die Digitalisierung im Interesse der Beschäftigten gestaltet wird“, so die AK-Direktorin Silvia Hruška-Frank.
AK Wien