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Hitzefrei mit der neuen Hitze-App für den Bau

Ab 32,5 Grad Celsius können ArbeitgeberInnen laut Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz auf Baustellen Hitzefrei geben. Die neue Hitze-App informiert, ab wann dieser Richtwert erreicht ist und damit Hitzefrei möglich ist.

Die neue Hitze-App informiert, ab wann der Richtwert von 32,5 °C erreicht ist und damit Hitzefrei möglich ist. GBH

Die extremen Hitzetage werden in Folge der Klimakrise mehr. Laut dem Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz (BSchEG) gibt es ab 32,5 Grad Celsius die Möglichkeit, auf Baustellen Hitzefrei zu gewähren. Richtwerte gelten nach der nächstgelegenen Messstelle der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). Bis dato hatten dazu nur ArbeitgeberInnen Zugang, was große Unsicherheit und Diskussionen unter den Beschäftigten verursachte. Das gehört dank der Hitze-App nun der Vergangenheit an.

Um bei den Beschäftigten am Bau ein höheres Bewusstsein und mehr Sicherheit für die Möglichkeit, Hitzefrei zu geben, zu schaffen, hat die Gewerkschaft Bau-Holz (GBH) in Kooperation mit GLOBAL 2000 und dem Digitalisierungsfonds der AK eine Hitze-App entwickelt. Übers Handy wird eine „Echtzeit-Schnittstelle“ zu der nächstgelegenen Messstelle der ZAMG hergestellt und ein Warnsignal auf die App übermittelt, sobald die 32,5 Grad Celsius erreicht wurden. Damit wissen alle Beschäftigten, ob die Möglichkeit auf Hitzefrei besteht.

Finanziert wurde das innovative Projekt über den Digitalisierungsfonds der AK Wien. Die AK Wien rückt mit ihrem Digitalisierungsfonds Arbeit 4.0 die Menschen in den Mittelpunkt der Digitalisierung. „Wir sind schon mittendrin in der Klimakatastrophe. Es braucht jetzt dringend zwei Dinge: Die Politik ist gefordert, endlich wirklich wirksame Maßnahmen dagegen zu setzen, und zwar rasch. Und es müssen die Menschen geschützt werden, die unter extremer Hitze – aber auch extremer Kälte – arbeiten müssen“, sagt AK-Präsidentin Renate Anderl. „Die Arbeiterkammer leistet mit der Förderung für die Hitze-App einen Beitrag dazu, Klimafragen und soziale Fragen miteinander zu verknüpfen. Dabei denken wir auch die Digitalisierung mit, sie muss zum Nutzen der ArbeitnehmerInnen eingesetzt werden.“

Was kann die Hitze-App?

Über die Handyeinstellungen wird eine direkte Echtzeit-Schnittstelle zu der dem Arbeitsort bzw. der Baustelle nächstgelegenen Messstelle der ZAMG hergestellt. Die App übermittelt ein Warnsignal, sobald die 32,5 Grad Celsius erreicht werden. Damit ist zu 100 Prozent gewährleistet, dass auch die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen für Schlechtwetterentschädigung erfüllt sind. In den Wintermonaten (ab 1. November) stellt sich die App von einer „Hitze-App“ auf eine „Kälte-App“ um und informiert die BauarbeiterInnen, sobald -10 Grad Celsius erreicht werden.

AK-Präsidentin Renate Anderl, GBH-Bundesvorsitzender Josef Muchitsch und Agnes Zauner, politische Geschäftsführerin von GLOBAL 2000 präsentierten die neue Hitze-App auf einer Baustelle. AK Wien

Klimawandel bedingt mehr Hitzetage

Wir müssen uns aufgrund des Klimawandels auf immer mehr extreme Naturereignisse einstellen. Für Menschen, die im Freien arbeiten müssen, bedeutet dies extreme Gefahren. Agnes Zauner, politische Geschäftsführerin von GLOBAL 2000: „Die Klimakrise spitzt sich zu. Wenn bereits im Mai die ersten Hitzewellen anrollen und sich der Sommer bis in den Oktober zieht, wird für alle deutlich, dass die Zeit mehr als drängt. Die ersten Betroffenen finden sich genau dort, wo Hitze und Bodenversiegelung einander treffen: auf der Baustelle. Die Situation wird sich nicht verbessern. Im Gegenteil, die Hitzetage werden mehr und die Situation für die Arbeiter und Arbeiterinnen dauerhaft unerträglicher. Immer heißere und längere Sommer erfordern auch in unserer Arbeitswelt Adaptierungen. Es braucht den Willen zur Veränderung. Die App soll ein Beitrag zu diesem wichtigen ersten Schritt sein. Gleichzeitig wollen wir mit der App Menschen erreichen und für die Klimakrise sensibilisieren, die sich bislang vielleicht noch weniger mit den Gefahren der globalen Erwärmung beschäftigt haben.“

GBH-Bundesvorsitzender Josef Muchitsch ergänzt: „Gerade die Beschäftigten auf Baustellen leisten Schwerstarbeit und leiden massiv unter der Sommerhitze. Im Sommer ist Bau-Hauptsaison, enge Fertigstellungstermine erschweren die Situation, es fallen die meisten Überstunden an. Dazu kommen Hitze, Lärm, Staub, Stress, gefährliche Arbeitsbedingungen und andere Arbeitsbelastungen. Kein Bauwerk und kein Fertigstellungstermin rechtfertigen unnötige Qualen bei schwerster Arbeit am Bau. Mit der App schaffen wir Bewusstsein bei unseren Bauarbeitern und geben allen Beteiligten mehr Sicherheit.“

Es geht um wenige Stunden, nicht um Tage

32,5 Grad Celsius werden meist erst zu Mittag oder am Nachmittag erreicht. Zu diesem Zeitpunkt haben die BauarbeiterInnen bereits bis zu acht Stunden lang schwer gearbeitet. Deshalb geht es in Summe um wenige Stunden, welche pro Jahr Hitzefrei anfallen, nicht um Tage.

„Die App wird hoffentlich stark genutzt werden! Jeder Tote oder gesundheitlich durch Hitze Beeinträchtigte, der damit verhindert werden kann, ist ein großer Erfolg!“, sagen Anderl, Zauner und Muchitsch.

Hitze-App downloaden

Hitzefreiregelung

Hitzefrei gibt es ab 32,5 Grad Celsius im Schatten. Diese Werte werden meistens erst ab mittags bzw. am Nachmittag erreicht. Der Arbeitgeber muss Hitzefrei anordnen, derzeit gibt es keinen Rechtsanspruch. Der Richtwert von 32,5 Grad gilt nach der nächstgelegenen Messstelle der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) und ist für ArbeitgeberInnen aktuell, einfach und direkt auf der Website der BUAK (Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse) abrufbar. Bei Anwendung der Hitzeregelung gibt es eine Entgeltfortzahlung von 60 Prozent für die ArbeiterInnen. Diese 60 Prozent plus 30 Prozent Lohnnebenkosten werden dem/der ArbeitgeberIn zur Gänze von der BUAK refundiert. Somit entstehen für die Betriebe keine Kosten, wenn sie Verantwortung übernehmen und Menschlichkeit beweisen, indem sie ihren BauarbeiterInnen Hitzefrei geben.

Rekord-Sommer 2019: Rund 35.000 ArbeiterInnen nutzten neue Hitze-Regelung
Im Juni und Juli 2019 gab es 18 Hitzetage über 32,5 Grad Celsius mit 107.138 Schlechtwetterstunden für insgesamt 34.682 ArbeitnehmerInnen, welche von 4.689 Firmen eingereicht wurden.

OTS-Aussendung der Gewerkschaft GBH

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