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Arbeitsrechtlicher Plan für Hitzefrei ab 30 Grad vorgelegt

Das Bündnis „Menschen und Klima schützen statt Profite“ erarbeitete mit Hilfe der Arbeiterkammer detaillierte Eckpunkte eines klimafitten Arbeitsrechts.

AK Wien

Nachdem sich das Bündnis „Menschen und Klima schützen statt Profite“ aus AK, Gewerkschaft und Klimabewegung im Oktober 2023 formierte, werden nun ausführliche Forderungen zur Reform des Arbeitnehmer:innenschutzgesetzes (ASchG) und angrenzenden Rechtsvorschriften gestellt. Bei sieben Gesetzen und fünf Verordnungen gibt es demnach dringenden Reformbedarf. Über Anträge im Nationalrat soll die Regierung zum Handeln bewegt werden, um die Beschäftigten vor dem nächsten Hitzekollaps im bevorstehenden Sommer zu bewahren.

Der Ball liegt beim Gesetzgeber

Die Forderung nach einer Anpassung des Arbeitsrechts an die Folgen der Klimakrise ist nicht neu. Seit Jahren weisen Gewerkschaften und AK auf die Gefahren von Hitze am Arbeitsplatz für die Beschäftigten hin und drängen auf eine gesetzliche Reform. Die Rufe nach einer Verbesserung der Situation wurden von der Politik jedoch konsequent ignoriert und die Arbeitnehmer:innen im Stich gelassen.

Josef Muchitsch, Vorsitzender der Gewerkschaft Bau-Holz erklärt den erneuten Vorstoß der Allianz: „Wir haben jahrelang auf die gefährliche Situation für Beschäftigte am Bau aufmerksam gemacht. Passiert ist tatsächlich nichts. Im Gegenteil, die Lage hat sich sogar verschlimmert, da die Temperaturen mit jedem Jahr steigen. Über den Winter hat unser Bündnis deshalb mit Hilfe der Arbeiterkammer einen detaillierten Plan erarbeitet, wie wir alle Beschäftigten vor der nächsten Hitzewelle schützen können. Es liegt jetzt an der Regierung: Will sie den Menschen in diesem Land wirklich helfen oder bleibt es bei Lippenbekenntnissen?“

Ein genauer Blick auf die aktuelle Gesetzeslage offenbart Mängel, die sich weit über die Problematik von Hitze am Arbeitsplatz hinaus erstrecken:

Echte Temperaturobergrenzen für die Arbeit in Innenräumen

Weil längst nicht nur die 400.000 Outdoorworker:innen von der zunehmenden Belastung durch Hitze betroffen sind, sind auch für Innenräume entsprechende Anpassungen im Arbeitsrecht nötig. Bislang wird im Arbeitnehmer:innenschutzgesetz (ASchG) lediglich allgemein definiert, dass es keine erheblichen Beeinträchtigungen durch Hitze am Arbeitsplatz geben darf, die Einwirkungen auf Beschäftigte möglichst gering zu halten sind und das Raumklima dem menschlichen Organismus angemessen sein muss.

AK-Präsidentin Renate Anderl beschreibt das Problem mit der bisherigen Rechtslage: „Wir sehen in der Praxis, dass viele Arbeitnehmer:innen auch bei hohen Temperaturen in nicht klimatisierten Innenräumen arbeiten müssen. Die völlig veralteten arbeitsrechtlichen Bestimmungen geben bislang aber kaum Spielraum, um den Beschäftigten zu helfen. Deshalb brauchen wir dringend die gesetzliche Festlegung einer Maximaltemperatur, die von Arbeitgeber:innen einzuhalten ist.“ Konkret fordert das Bündnis eine Temperaturobergrenze von maximal 30°C in Innenräumen. Ab 25°C soll der Arbeitgeber bereits verpflichtet werden, gesetzlich definierte Maßnahmen zu ergreifen, um die Temperatur zu senken.

Novellierung der Hitzeregelung am Bau

Etliche Studien belegen die gesundheitsschädlichen Auswirkungen von körperlicher Betätigung bei über 30°C. Dieser Befund muss sich auch in der Gesetzgebung widerspiegeln. Deshalb müsste zunächst die bestehende Hitzeregelung für Bauarbeiter:innen reformiert werden. Dort braucht es einen Rechtsanspruch auf Hitzefrei ab 30°C. Für das Bündnis steht außer Frage, dass die arbeitsrechtlichen Forderungen in direktem Zusammenhang mit der fossilen Infrastruktur stehen. Deshalb müsse beides in Zukunft viel stärker verknüpft werden: „2023 war das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Um die Arbeiter:innen am Bau und das Klima zu schützen, sollten wir den Bau von Spitälern und Öffis gegenüber Parkhäusern und Autobahnen priorisieren“, ergänzt Teresa Tausch von Fridays for Future.

Hitzefrei ab 30°C für alle Outdoorworker:innen

Nicht nur für Bauarbeiter:innen, sondern alle Beschäftigten, die ihre Arbeit im Freien ausüben, stellen die zunehmende Hitze und UV-Strahlung eine besondere Belastung dar. Deshalb brauchen wir einen zusätzlichen Schutz dieser Berufsgruppen, etwa durch gesetzlich vorgeschriebene Schutzmaßnahmen vor UV-Strahlung oder die Pflicht zur unverzüglichen Einstellung von körperlicher Arbeit bei Ozonalarm bei Überschreiten der Informationsschwelle 180 µg/m3 als Einstundenmittelwert (stündlich gleitend).

Das Bündnis geht aber noch einen Schritt weiter und fordert die Schaffung einer Rechtsgrundlage, mit der die Hitzeregelung am Bau auf alle Outdoorworker:innen ausgedehnt wird: „Bei Temperaturen über 30°C muss es für alle Beschäftigten, die im Freien arbeiten, die Möglichkeit geben, bezahlt Hitzefrei zu bekommen, völlig unabhängig davon, ob sie in der Baubranche tätig sind oder nicht. Das muss so lange gelten, bis die Arbeitgeber:innen kühlere Alternativen anbieten.“, stellt Renate Anderl klar.

Bündnis erhöht den Druck auf Regierung und Arbeitgeber:innen

Der gesamte Forderungskatalog soll dem Nationalrat künftig in Anträgen vorgelegt werden. Nationalratsabgeordneter Muchitsch wird auch um Bündnispartner bei den anderen politischen Parteien werben und hofft auf eine breite Unterstützung im Parlament.

 

Presseaussendung der Arbeiterkammer Wien