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Klimakrise – Beschäftigte (drehen) am Rad

Wenn wir in Anbetracht der Klimakrise die knallbunten Radfahrer:innen von Foodora, Lieferando und Co. vorbeifahren sehen, freuen wir uns wahrscheinlich erst mal über den Beitrag zum Klimaschutz. Aber erkennen solch moderne Unternehmen die dramatische Klimasituation in ihrer Ganzheit?

Fahrradbot:innen benötigen gute, gesundheitserhaltende Arbeitsbedingungen. Adobe Stock / Artem Varnitsin

Aus der Beschäftigtenperspektive betrachtet, bekommt man einen anderen Eindruck. Denn die Klimakrise ist kein fernes Zukunftsproblem. Schon jetzt merken Beschäftigte die Erderhitzung im Alltag, so auch Fahrradlieferant:innen.

Business as usual statt Sicherheit

Ein Stichwort ist bereits gefallen: Hitze. Abkühlen ist während der Schichten auf dem Rad vor allem in den Restaurants möglich. Wenn man Glück hat, dauert die Bestellung länger und man hat Pause. Die kann bei Auftragsbezahlung aber den Lohn senken. Hinzu kommen die körperliche Anstrengung durch sportliche Aktivität und schwere Rucksäcke bei gleichzeitigem Zeitdruck. Die jährlich zunehmenden Hitzetage sind eine zusätzliche Belastung.

Auch gegenteilige Extremwetterereignisse nehmen zu. Starke Niederschläge können schnell gefährlich für Fahrer:innen werden. Sie sind dann auf rutschigen Straßen unterwegs, nur selten wird der Betrieb eingestellt. Gilt das auch für den betrieblichen Gesundheitsschutz? Nein. In vielen Fällen fehlen Schutzausrüstungen und sind Arbeitsmittel mangelhaft. Zudem werden Risikoverhalten und lange Arbeitszeiten durch Boni- und Gutscheinsysteme betrieblich gefördert. Es wird auf Leistung und Profitabilität, auf „business as usual“, auch unter gefährlichen Umständen beharrt.

Perspektive Klimagerechtigkeit

Wie bei Krisen üblich, merken Menschen in prekären Verhältnissen die Auswirkungen als Erste. Da einige der Lieferant:innen diesen Zusammenhang in ihrem Arbeitsalltag erkannt haben, bildete sich in Zürich vor einiger Zeit ein Kollektiv. „Riders unite! Zürich“ hat sich unter anderem mit der Klimakrise auseinandergesetzt, an Klimastreiks teilgenommen und eine Rad-Demo organisiert. All das schafft eine Perspektive, die sowohl die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten ganz konkret ernst nimmt, aber trotzdem nicht das große Ganze aus dem Blick verliert.

Da hier ökologische und soziale Themen gemeinsam gedacht werden, kann das unter dem Begriff Klimagerechtigkeit zusammengefasst werden. Dazu gehören nicht zuletzt gute, gesundheitserhaltende Arbeitsbedingungen.

Konkrete Forderungen:

  • Beseitigung der rechtlichen Schlechterstellung im Arbeitsrecht beim freien Dienstvertrag
  • Fortbestehendes Lohnniveau von freien Dienstnehmer:innen mindestens bei vorigem Durchschnitt und Lohnerhöhung auch bei anderen Firmen
  • Rechtsanspruch auf Hitzefrei und Betriebsschließung bei gefährlichen Wetterlagen
  • Möglichkeit auf Pausen zum Abkühlen/Aufwärmen ohne Nachteile in unternehmenseigenen Räumen (sowie Getränke, Sonnenschutzmittel etc.)
  • Trinkmöglichkeiten an diversen Orten in der ganzen Stadt

Magazin Gesunde Arbeit 2/2023, Salzburg-Ausgabe