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Erfolgreiche Betriebliche Gesundheitsförderung

Ein Besuch der damaligen NÖ GKK bei der Fa. Hütte Klein-Reichenbach GmbH im Jahr 2018 mit dem Ziel, die Angebote im Bereich der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) zu präsentieren, mündete in der BGF-Zertifizierung des Betriebes.

Hütte Klein-Reichenbach: SVP Martin Zellhofer, Betriebsleiterin MMag.a Barbara Falkensammer, SVP Günther Scharf AK Niederösterreich

Die Hütte Klein-Reichenbach GmbH (HKB) wurde 1892 als Ziegelwerk gegründet und in den 1960er-Jahren zu einem Aluminium-Schmelzwerk umgebaut. Im nördlichen Waldviertel wird aus Schrott schmelzmetallurgisch Aluminium in Form von Granalien (= Kügelchen/Tropfen mit hohem Reingehalt) und Einteilern (= Formstücke mit hohem Reingehalt) produziert, welche zur Desoxidation bei der Stahlerzeugung und als Legierungsmittel verwendet werden. 1989 wurde Franz Dobesberger Geschäftsführer (GF).

Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF)

„2018 kontaktierte mich ein Vertreter der damaligen NÖ GKK mit dem Vorschlag, unser Unternehmen nach dem österreichischen BGF-Gütesiegel zu zertifizieren. Es werden dabei Gesundheitsmaßnahmen durch ein Zusammenspiel von Unternehmensleitung, interner Projektleitung, externen Expert:innen, Präventivfachkräften und Personalverantwortlichen erarbeitet, umgesetzt und nachevaluiert. Ich war schnell davon überzeugt“, erzählt Betriebsleiterin MMag.a Barbara Falkensammer. „Gesunde und sichere Arbeitsplätze mit motivierten Mitarbeiter:innen sind gerade in einer Auswanderungsregion äußerst wichtig. Neben der ISO-Zertifizierung nach 9001 und 14001 sind wir stolze Besitzer des BGF-Zertifikates bis 2026.“

BGF-Prozess

„Ein BGF-Team wurde gegründet und informierte unsere Kolleg:innen umfangreich über Projektinhalt und Nutzen für Arbeitnehmer:innen und Unternehmen. Die Analyse der standardisierten freiwilligen Mitarbeiter:innenbefragung zeigte rasch die ersten Verbesserungpotenziale“, erklärt Sicherheitsvertrauensperson (SVP) Günther Scharf: „So wurden organisatorische und bauliche Umbaumaßnamen im Bereich der Anlieferung und Schrottaufbereitung umgesetzt, um Arbeitsdruck und Risiken für Arbeitsunfälle abzubauen. Die Zufahrt wurde dreispurig ausgebaut, ein Wartebereich für Lkws geschaffen und ein Ampelsystem für die Einfahrt zum Übernahmeplatz errichtet.“

Schichtbetrieb – neu gedacht

„Beim Schmelzofen im vollkontinuierlichen Schichtbetrieb verrichten unsere Kolleg:innen Nachtschwerarbeit. Zur Entlastung probierten wir verschiedene Schichtmodelle aus und stellten mit Mitarbeiter:innenbeteiligung fest, dass ein Vier-Schicht-Modell mit zwei Tag-, zwei Nachmittags- und zwei Nachtschichten das Beste für uns ist. Denn wir arbeiten von Sonntag, 22.00 Uhr, bis Samstag, 22.00 Uhr, durch“, erzählt SVP Martin Zellhofer. Barbara Falkensammer berichtet weiter: „Die wöchentliche Arbeitszeit ist auf 36 Stunden bei vollem Lohnausgleich gesunken. Ich kann nur bestätigen, dass diese Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit die Konzentrationsfähigkeit noch einmal verbessert hat und damit über Umwege auch Krankenstandstage reduziert werden konnten. Die Fähigkeit, mit hoch anstrengenden Tätigkeiten angemessen umzugehen, verbessert sich und damit wird der Arbeitsplatz attraktiver und die Fluktuation ist sehr niedrig.“

Wiedereingliederungsteilzeit (WIETZ)

„Nach längeren Krankenständen oder Karenz werden individuelle gemeinsame Lösungen für Teilzeitarbeit oder auch für den Übergang in die Altersteilzeit gesucht und einvernehmlich umgesetzt. Auch die Möglichkeit, Produktionsschwankungen über Freistellungen bei voller Lohn- bzw. Gehaltszahlung auszugleichen, kommt sehr gut an. Ebenso wurde die steuerfreie Teuerungsprämie in den letzten Jahren von uns genützt“, so Betriebsleiterin MMag.a Falkensammer.

Ernährung und Bewegung

„Unser Obst- und Gemüsekorb wird wöchentlich reichlich gefüllt und die geliebten Süßigkeiten sind großteils verschwunden. Die Ernährung bei Schichtarbeit ist besonders wichtig. Dieses Thema behandelten wir mit Ernährungsspezialist:innen und veranstalteten dazu Workshops mit den Schichtarbeiter:innen. Es gibt die Möglichkeit, kostenlos eine warme Mahlzeit einzunehmen“, erklärt Betriebsleiterin Falkensammer.
SVP Scharf erzählt: „Unsere Arbeit ist körperlich anstrengend, deshalb organisierten wir einen Rückengymnastikkurs. Es freut mich, dass wir Kolleg:innen dafür gewinnen konnten. Die Belastungen für den Bewegungsapparat sind bei der Büroarbeit nicht zu unterschätzen, weshalb meine Kolleg:innen höhenverstellbare Tische haben. Auch bei den Monitoren wird auf individuelle Bedürfnisse eingegangen.“

Soziale Aktivitäten

„Die Analyse der Mitarbeiter:innenbefragung zeigte den Wunsch nach gemeinsamen Aktivitäten auf. Seither organisieren wir Schnupper-Golfen, Stockschießen, Kegeln, gemeinsame Wanderungen oder auch Exkursionen, wie beispielsweise zur VOEST“, erzählt Falkensammer.

Schnelle Reaktion bei Verbesserungen wichtig

SVP Scharf erzählt: „Auch der Prozess der Abgabe von Verbesserungsvorschlägen ist reformiert worden. MMag.a Falkensammer hat die Aufgabe übernommen, Vorschläge anzunehmen und diese mittels eines Formblattes zu dokumentieren. Dadurch wird eine strukturiertere Bearbeitung erreicht.“
Frau Falkensammer: „Für ein ,lebendigesʻ Vorschlagssystem sind rasche Rückmeldungen wichtig. Unsere barrierefreie Kommunikation unterstützt bei der Einbringung, entweder die Sicherheitsvertrauenspersonen oder ich informieren die Kolleg:innen persönlich über den Stand der Bearbeitung eines Vorschlages.“

PSA – individuell und persönlich getestet

SVP Scharf erzählt: „Bei der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) bringen Kolleg:innen ebenso ihre Vorschläge ein. Sobald wir eine Lösung haben, wird diese nach bestandenem Praxistest im ganzen Werk umgesetzt. So kann zum Beispiel beim Schutz vor Lärm vom angepassten bis zum Kapselgehörschutz frei ausgewählt werden.“

ALLE haben einen Erste-Hilfe-Kurs

„Unser Produktionsprozess enthält viele Gefahrenquellen. Und wenn wir auch keine Arbeitsunfälle haben, ist es trotzdem für den Ernst- oder Notfall wichtig, dass die Mitarbeiter:innen gute Erste-Hilfe-Kenntnisse haben. Wir organisieren regelmäßig Kurse und ersuchen alle unsere Mitarbeiter:innen, daran teilzunehmen“, erzählt Falkensammer.
„Insgesamt betrachtet werden viele beim BGF-Prozess entwickelten Maßnahmen umgesetzt. Die regelmäßige Nachevaluierung für eine Wiederverleihung des BGF-Gütesiegels zeigte neue Verbesserungspotenziale im Betrieb auf. Arbeitsplätze werden stetig sicherer und gesünder. Das fördert die Motivation der Mitarbeiter:innen und trägt zur Wirtschaftlichkeit bei“, schließt MMag.a Barbara Falkensammer das Gespräch ab.

Magazin Gesunde Arbeit, Niederösterreich-Ausgabe 2/2024