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Fehlzeitenreport zeigt krankheits- und unfallbedingte Fehlzeiten des Jahres 2021

Nach dem außergewöhnlichen Pandemiejahr 2020, mit rückläufigem Beschäftigungsniveau und mit einer durch räumliche Distanzierung mitbestimmten Krankheitslast, verzeichnete die Krankenstandsstatistik 2021 gegenüber dem Vorjahr nur eine geringfügige Änderung der gesundheitsbedingten Fehlzeiten in der österreichischen Wirtschaft.

Die Betroffenheit an psychischen Erkrankungen ist 2021 weiter angestiegen.
Die Betroffenheit an psychischen Erkrankungen ist 2021 weiter angestiegen. Andrii Starunskyi

Im Auftrag des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger, der Wirtschaftskammer und der Arbeiterkammer erarbeitet das Institut für Wirtschaftsforschung jährlich den „Österreichischen Fehlzeitenreport“. Er liefert einen Überblick über die Entwicklung und Verteilung der Krankenstände in Österreich, die bei den Sozialversicherungen erfasst werden. Das Jahr 2021 war, wie schon 2020, stark von der COVID-19-Pandemie geprägt. Ein Sondermodul dazu enthält erste Analysen zu den Krankenständen im Zusammenhang mit COVID-19-Erkrankungen.

Die Krankenstandsstatistik 2021 verzeichnete gegenüber dem Vorjahr nur eine geringfügige Änderung der gesundheitsbedingten Fehlzeiten in der österreichischen Wirtschaft. Die Zahl der Krankenstandstage, die den Sozialversicherungen gemeldet wurden, blieb beinahe konstant, während die Zahl der Versicherten um 2,8 % anstieg. Die unselbständig Beschäftigten verbrachten im Jahresverlauf durchschnittlich 12,3 Kalendertage im Krankenstand, um 3,1 % weniger als 2020 (12,7 Kalendertage). Die Krankenstandsquote, die Relation der Krankenstandstage zum gesamten Arbeitsvolumen als Indikator für den Verlust an Arbeitszeit, reduzierte sich auf 3,4 %. Der Anteil der Versicherten, die 2021 mindestens einmal im Krankenstand waren, stieg von 56,8 % auf 57,4 % und damit um 0,6 % an, die Krankenstandstage je Krankheitsfall gingen von 11,7 auf 10,3 Tage zurück. In diesen Zahlen sind die behördlich verordneten COVID-19-Quarantänezeiten nicht enthalten. Sie stellten 2021 zwar eine Dienstverhinderung, nicht aber einen Krankenstand dar, der mit Entgeltfortzahlung bzw. Krankengeld verbunden war.

„Es ist eines der wichtigsten gesundheitspolitischen Ziele, dass die Gesundheit von Arbeitnehmer:innen verbessert und erhalten wird“, so die Vorsitzende der Konferenz der Sozialversicherungsträger Mag.a Ingrid Reischl. „Gesundheitsförderung und Prävention sind unerlässlich. Wir brauchen hier aber mehr gemeinsame Anstrengungen von allen beteiligten Institutionen. Das gilt sowohl für die Förderung von gesundem Verhalten, aber insbesondere sind hier auch die Betriebe gefragt für gesunde Verhältnisse zu sorgen. Gerade, dass der Anteil der Muskel- und Skeletterkrankungen oder der psychischen Krankheiten immer noch so hoch sind, zeigt, dass es hier mehr Anstrengungen braucht. Ich lade die Betriebe ein die Angebote der ÖGK und BVAEB zur Betrieblichen Gesundheitsförderung BGF zu nutzen."

COVID-19

Im Jahr 2021 wurden in Österreich erstmals neue Diagnosecodes zur Erfassung von COVID-19-Erkrankungen eingeführt – ihre Aussagekraft ist jedoch stark von der Erfassungsqualität abhängig. Es gibt keine verpflichtende Diagnosecodierung im niedergelassenen Bereich. „Es ist wichtig, dass wir erste Erkenntnisse zu Corona-Krankenständen gewonnen haben“, so Mag.a Christine Mayrhuber vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung, eine der Studienautor:innen: „Unsere Analysen zeigen, dass COVID-19-Krankenstände über dem Durchschnitt liegen, was die Dauer des Krankenstands anlangt, und dass Männer durchschnittlich länger davon betroffen sind wie Frauen.“ Die durchschnittliche Dauer bei nachgewiesenen COVID-19-Krankenständen war mit 13,4 Tagen im Schnitt um drei Tage länger als die Krankenstände über alle Diagnosen hinweg. Die Abwesenheit vom Arbeitsplatz betrug covidbedingt bei Männern im Schnitt 14,8 Tage und bei Frauen 11,7 Tage. Beschäftigte im unteren Einkommensviertel haben bei einer COVID-19-Erkrankung im Schnitt um 2,5 Tage mehr Abwesenheiten als Beschäftigte im oberen Einkommensviertel. Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit bei COVID-19-Erkrankungen war in der Energieversorgung, im Bereich Verkehr und in der öffentlichen Verwaltung am höchsten, während im Handel aber auch im Gesundheits- und Sozialwesen die Fehlzeiten deutlich kürzer ausfielen.

Studienautorin Mag. Christine Mayrhuber und Studienautor Dr. Benjamin Bittschi vom WIFO: „Die betrieblichen Abwesenheiten in den Jahren 2020 und 2021 waren stark von den Quarantänebestimmungen geprägt, hier fehlen allerdings Datengrundlagen für eine flächendeckende Analyse.“ Mag. Wolfgang Panhölzl, Leiter der Abteilung Sozialversicherung der AK Wien, führt weiter aus: „Diese erste Auswertung im Fehlzeitenreport 2022 zum Thema COVID-19 ist verdienstvoll, gleichzeitig zeigt sie im Ergebnis die mangelhafte Datenbasis auf.“ Zum einen gibt es in Österreich keine einheitliche und durchgehende Diagnosedokumentation für den ambulanten Bereich, dadurch werden Erkrankungen wie COVID-19 oder Long-COVID nicht systematisch erfasst. Zum anderen werden die Datenbanken des Bundes (Epidemiologisches Meldesystem), der Länder (Spitalsdaten) und der Sozialversicherung (Krankenstände, Medikationen, Rehabilitationen, Pensionen etc.) nicht miteinander verknüpft. „Dadurch können die Folgen von COVID-19 Infektionen oder die Schutzwirkung der Impfungen im Zusammenhang mit der Schwere und Häufigkeit der Erkrankungen nicht analysiert werden. Hier besteht Handlungsbedarf“, so Mag. Wolfgang Panhölzl.

11,4 % der Krankenstandstage sind auf psychische Erkrankungen zurückzuführen

Die Betroffenheit an psychischen Erkrankungen ist 2021 weiter angestiegen. Psychische Erkrankungen waren 2021 für 3,2 % aller Krankenstandsfälle, aber für 11,4 % aller Krankenstandstage verantwortlich. Ein Krankenstand aus psychischen Gründen ist häufig der Höhepunkt einer langen Leidensgeschichte, die mit Magenschmerzen, Verspannungen, Kreislaufproblemen als Folge von Stress und psychischen Belastungen ihren Anfang genommen hat. „Psychische Erkrankungen sind die häufigste Ursache von Neuzugängen in die Invaliditäts- bzw. Berufsunfähigkeitspension. Hier braucht es deutlich mehr Prävention und betriebliche Gesundheitsförderung“, so Mag. Wolfgang Panhölzl. „Die Zahlen zeigen, dass die Pandemie ein Treiber bei psychischen Erkrankungen ist und Corona sich damit auch in der Fehlzeitenbilanz niederschlägt“, so Mag. Dr. Gleißner, Leiter der Abteilung für Sozialpolitik und Gesundheit in der WKÖ.

Hervorzuheben sind auch Muskel- und Skeletterkrankungen, die einen 22 % hohen Anteil am Krankheitsgeschehen haben. „Vor allem bei älteren Arbeitnehmer:innen zeigt sich das in langen Krankenständen und als zweithäufigste Ursache bei Invaliditätspensionen“, erläutert Mag. Wolfgang Panhölzl. „Auch hier gibt es Potenzial in der Prävention.“

Arbeitsunfälle bleiben auf niedrigem Niveau

„Erfreulich ist, dass die Zahl der Arbeitsunfälle weiter auf sehr niedrigem Niveau liegt. In Summe waren von den österreichweit rund 720.000 Unfällen im Jahr 2021 nur rund 100.000 Arbeitsunfälle. Auch wenn die Gesamtzahl natürlich auch Unfälle von Kindern oder Pensionisten beinhaltet, zeigt dies, dass die betriebliche Sphäre immer sicherer wird“, unterstreicht Mag. Dr. Rolf Gleißner, Leiter der Abteilung für Sozialpolitik und Gesundheit in der WKÖ.

Kosten der Krankenstände

Krankheitsbedingte Fehlzeiten sind mit direkten wie auch mit indirekten Kosten verbunden. Diese Kosten treten sowohl auf individueller als auch auf betrieblicher Ebene auf, sind darüber hinaus ein wichtiger Faktor im Gesundheitswesen und wirken insgesamt auf die Volkswirtschaft eines Landes. Die direkten und indirekten betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Kosten der Fehlzeiten, die den Sozialversicherungen vorliegen, summierten sich 2021 auf bis zu 2,2 % des BIP. Die Gesamtausgaben im Gesundheitsbereich für alle direkten und indirekten Kosten des Jahres 2021 im Zusammenhang mit den Fehlzeiten der unselbständig Erwerbstätiger betrug bis zu 4,4 % des BIP. Das Potenzial, das einer Verbesserung der gesundheitlichen Situation der Beschäftigten innewohnt, ist groß.

Presseaussendung des Dachverbands der Sozialversicherungsträger