Von Monstern und JägerInnen
Die BürokratiejägerInnen sind auf Monsterjagd – aber ist das Monster überhaupt böse?
Es gehört heute fast schon zum guten Ton mancher Parteien und Medien, über die Bürokratie zu schimpfen. Täglich die gleichen Standardsätze: „Die Bürokratie bremst unsere Wirtschaft“ oder „Die Bürokratie stiehlt unsere Freiheit“, wird da lautstark getrommelt – eigens geschaffene Wortungetüme wie „Bürokratiemonster“ lehren uns das Fürchten. Und da reiten sie: Die BürokratiejägerInnen, die dem vorgeblichen Monster den Garaus machen wollen. Eifrig bejubeln sie den süßen Klang von Freiheit und einem Leben ohne lästige Regeln. Aber halt! Der Ruf nach Entbürokratisierung klingt zu verlockend – lauern da auch versteckte Gefahren? Ist unsere Bürokratie wirklich nur ein lästiges Übel, das es tunlichst zu bekämpfen gilt?
Vier Gründe, warum auch Sie profitieren
- Gerechtigkeit: Bürokratische Vorgaben schützen uns vor staatlicher Willkür. Sie behandeln in der Regel alle Menschen gleich. Gesetze gelten für alle – wer sie verletzt, wird zur Verantwortung gezogen. Wie viele Länder kämpfen mit ausufernder Korruption, weil diesen solch zuverlässige Regeln fehlen?
- Stabilität und Ordnung:Die Vorgaben der Bürokratie sind stabil und schaffen Struktur, darauf können wir uns verlassen. Würden sich Regeln immer wieder von einem Tag auf den anderen ändern, wäre Chaos vorprogrammiert: Täglich eine neue Straßenverkehrsordnung – was wäre da wohl auf unseren Straßen los?
- Sparsamkeit: Probleme, die immer wieder auftreten, werden nach einem vorgegebenen Schema gelöst. Klare Zuständigkeiten schaffen Effizienz. Die Welt muss nicht täglich „neu erfunden“ werden. Das spart Zeit, Geld und erlaubt Transparenz.
- Sicherheit:Eine verlässliche Bürokratie und ihre Schutzgesetze ermöglichen uns ein sicheres und gesundes Leben. Unfälle, Krankheiten und andere Schäden werden durch klare Regeln abgewendet. Gerade eine „unbürokratische“ Handhabe von Sicherheitsvorschriften verursacht immer wieder schreckliches menschliches Leid.
Bürokratieabbau für wenige?
Klar ist: Die Änderung und Anpassung von Regelungen ist oft sinnvoll und wichtig – sei es, weil eine Vorgabe veraltet oder auch nicht mehr praktikabel ist. Der Mehrwert für die Gesellschaft muss hierbei stets der Maßstab sein. Fakt ist leider auch: Oft wird – unter dem Deckmantel von Bürokratieabbau – versucht, Rechte und Schutzgesetze auszuhebeln, die den Eigeninteressen kleiner Gruppen bzw. deren Wunsch nach Profitmaximierung im Weg stehen.
Es lohnt sich daher, genau hinzusehen, wenn die JägerInnen zur nächsten Treibjagd aufrufen und das Schlagwort „Entbürokratisierung“ durch den medialen Blätterwald rauscht. Bürokratie hat für unsere Gesellschaft eine wichtige Schutzfunktion, die nicht „entbürokratisiert“ werden darf.