„A Mensch möcht i bleiben“
Im Zentrum der betrieblichen Mitbestimmung steht die menschenwürdige Arbeit. Was genau darunter zu verstehen ist, bleibt jedoch Verhandlungssache. Den Grundrechten und Bedürfnissen der Beschäftigten stehen die Interessen der Unternehmen gegenüber, deren innovative Ideen nicht immer so nachhaltig und gesund sind, wie sie verkauft werden.
Der technologische Fortschritt lässt uns kaum Zeit, zu reflektieren, wie sich unsere Arbeit dadurch verändert. Was macht es mit uns, wenn jeder Schritt und jeder Mausklick aufgezeichnet und Leistungen erhoben und verglichen werden? Wenn Berufserfahrung automatisiert wird? Wenn ganze Abteilungen ans andere Ende der Welt ausgelagert werden?
Die Überwachung und Dokumentation von Arbeitsprozessen ist für den Betrieb notwendig. Ohne diese Daten gäbe es keine Entwicklung. Doch es ist nicht notwendig, die Menschen zu überwachen und personenbezogene Leistungsdaten zu erheben. Menschen sind keine Maschinen – sie so zu behandeln ist gegen die Menschenwürde und erzeugt Stress.
Innovationen für menschenwürdige Arbeit
Mit der Digitalisierung gerät die betriebliche Mitbestimmung ins Hintertreffen. Die automatisierte Verarbeitung von Beschäftigtendaten benötigt jedoch die Zustimmung des Betriebsrats, besonders wenn permanente Überwachung und Kontrolle dadurch möglich werden. Der Weg zur Betriebsvereinbarung ist oft lang und mühsam. So werden Systeme vielfach vorläufig ohne Betriebsvereinbarung eingeführt und genutzt. Werden die Bedürfnisse der Belegschaft aber ignoriert, kann der Betrieb unter der Oberfläche zu „schimmeln“ beginnen: Demotivierte Mitarbeiter:innen, Quiet Quitting, erhöhte Krankenstände, aber auch Mobbing oder Belästigung sind Konsequenzen fehlender Mitbestimmung.
Für die Entwicklung neuer Technologien liefern wir alle Daten. Daher sollen die Innovationen uns allen das Leben erleichtern und menschenwürdige Arbeit ermöglichen. Was wir darunter verstehen, muss ständig neu verhandelt und definiert werden. Dieser Spagat zwischen Menschenwürde und betrieblicher Notwendigkeit muss sozialpartnerschaftlich gelingen.
Magazin Gesunde Arbeit, Ausgabe 2/2024