Arbeitszeitverkürzung – ein Modell für alle?
Lange Arbeitszeiten können die Risiken für die Sicherheit, Gesundheit und soziale Teilhabe der Beschäftigten erhöhen. Gleichzeitig wünschen sich viele stärker individualisierte oder kürzere Arbeitszeiten. Welche positiven Effekte können Arbeitszeitverkürzungen haben, und was ist bei der Umsetzung zu beachten?
Arbeitszeitwünsche sind vielfältig und richten sich nach individuellen Bedürfnissen, Lebensphasen und privaten Anforderungen. Während viele Teilzeitbeschäftigte mehr arbeiten möchten, wünschen sich Personen mit langen Arbeitszeiten eher eine Reduktion. Aus Sicht der Betriebe besteht zudem in vielen Branchen ein Fachkräftemangel. Mit attraktiven Arbeitszeiten soll die Wettbewerbsfähigkeit am Bewerber:innenmarkt gesteigert und Personal angeworben werden.
Lange Arbeitszeiten erhöhen Risiken für die Gesundheit
Aus der Arbeitszeitforschung sind die erhöhten Risiken für die Sicherheit, Gesundheit und Work-Life-Balance bei langen täglichen und wöchentlichen Arbeitszeiten gut belegt. So steigt das Unfallrisiko ab der 8. Arbeitsstunde exponentiell an. Arbeitszeiten von über 40 Wochenstunden sind zudem mit Risiken für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlafstörungen verbunden. Kürzere Arbeitszeiten hingegen können die Gesundheit, Zufriedenheit und Work-Life-Balance verbessern. Zudem bleibt mehr Zeit für gesundheitsförderndes Verhalten wie Bewegung und gesunde Ernährung. Darüber hinaus können ergonomisch günstige Schichtpläne mit durchschnittlich verkürzter Wochenarbeitszeit (belastende) Arbeitszeiten mit längeren Erholungsphasen besser ausgleichen.
Wie können kürzere Arbeitszeiten umgesetzt werden?
Ausgehend von einem guten Verständnis der Wertschöpfungs- und Arbeitsprozesse gilt es herauszuarbeiten, wie eine Verkürzung darstellbar ist: Braucht es zusätzliches Personal zur Erhaltung des Servicelevels oder des Arbeitspensums (Ausbringungsmenge) und kann dieses auch gefunden werden? Kann die Arbeitszeitverkürzung mit, ohne oder mit teilweisem Lohnausgleich erfolgen? Umfasst es Mehr- und Überstunden oder auch Arbeitszeit unter Kollektivvertrag? Die Anforderungen und Möglichkeiten müssen gut analysiert und abgewogen werden. Nicht zuletzt benötigt es eine gute Arbeitszeitregelung, z. B. eine Gleitzeitvereinbarung. Eine gründliche Vorbereitung und das Einbeziehen der Beschäftigten zahlen sich aus!
Welche alternativen Möglichkeiten gibt es für Betriebe?
Nicht immer ist eine generelle Arbeitszeitverkürzung möglich oder sinnvoll. Gerade im Schichtbetrieb kann eine Umwandlung von Geldzuschlägen in Zeitzuschläge eine gute Alternative sein. Durch eine derartige Umwidmung der Zulagen kann die zusätzliche Belastung durch Nacht- und Wochenendarbeit in Freizeit abgegolten und bei geringerer Arbeitszeit gleiches Einkommen wie Vollzeit untertags erzielt werden.
Magazin Gesunde Arbeit 4/2022