Aus Arbeitsunfällen lernen
Von Arbeitsinspektorinnen und Arbeitsinspektoren werden Arbeitsunfälle nach einheitlichen Vorgaben erhoben. Die Arbeitsinspektorate entscheiden, ob ein zur Kenntnis gelangter Arbeitsunfall einer vertieften Erhebung bedarf. Dazu zählen insbesondere Arbeitsunfälle mit dem Verdacht auf schwere Körperverletzungen.
Der nachstehende Unfallbericht zeigt neben der Schilderung des Unfalls, welche Maßnahmen erforderlich gewesen wären.
Sturz von einer Stehleiter
Dem Arbeitsinspektorat wurde von einer Polizeiinspektion ein schwerer Arbeitsunfall auf einer Baustelle gemeldet. Ein Arbeitnehmer fiel mit einer Stehleiter um und zog sich dabei lebensgefährliche Verletzungen im Gesicht-Hals-Bereich zu.
Die Unfallanalyse des Arbeitsinspektorats ergab, dass es im Zuge der Adaptierung eines Geschäftslokals erforderlich war, vorhandene Trockenbauprofile an der Decke zu demontieren. Die zu demontierenden Bauteile befanden sich in einer Höhe von 5,2 Metern über dem Fußboden.
Für diese Arbeit stand eine 2,5 Meter hohe Stehleiter zur Verfügung, war also bei Weitem nicht ausreichend, um die Arbeitshöhe zu erreichen. Die mit der Demontage beauftragten Arbeitnehmer nahmen, um die zu geringe Höhe der Leiter auszugleichen, sieben übereinandergestapelte Europaletten und stellten die Leiter auf diesen Stapel. Im Zuge der Arbeiten beugte sich der Arbeitnehmer nach vor, wodurch die Leiter kippte und mit dem Arbeitnehmer umfiel. Der Arbeitnehmer fiel aus etwa drei Metern Höhe auf den Boden und zog sich dabei lebensgefährliche Verletzungen zu. Nach Auskunft von Zeugen stand der verunfallte Arbeitnehmer auf der fünften Sprosse der achtsprossigen Leiter. Die Leiter wurde von einem Kollegen gehalten, der aber das Kippen der Leiter nicht verhindern konnte.
Bei der Unfallanalyse durch das Arbeitsinspektorat wurde festgestellt, dass sich neben der Absturzstelle ein fahrbares Arbeitsgerüst befand. Dieses wurde allerdings nicht genutzt, da es teilweise abgebaut und wiederaufgebaut hätte werden müssen.
Schutzbestimmungen einhalten und so Arbeitsunfälle verhindern!
Der Arbeitsunfall wäre zu verhindern gewesen, wenn eine für die Arbeitshöhe geeignete Stehleiter verwendet worden wäre. Die beim Unfall verwendete Leiter ermöglicht es lediglich, eine Arbeitshöhe von etwa 2,5 Metern zu erreichen. Im geschilderten Fall wäre eine 16-sprossige Stufenstehleiter zu verwenden gewesen, die aufgrund ihrer wesentlich breiteren Leiterbasis eine größere Standsicherheit aufweist. Auch ist es Arbeitnehmer:innen in der Regel nicht möglich, eine Leiter durch das Festhalten gegen Kippen zu sichern.
Abschließend wird festgehalten, dass eine regelmäßige, ausreichende und verständliche Unterweisung eine wesentliche Grundlage für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz darstellt. Eine solche Unterweisung muss jedenfalls nach Arbeitsunfällen erfolgen.
Magazin Gesunde Arbeit, Ausgabe 4/2024