Keine Unterweisung – bei Ferialjob schwer verletzt
Eine 15-jährige Ferialarbeiterin verletzte sich an einer störanfälligen Bügelmaschine. Niemand hatte sie über die Gefährlichkeit der Maschine aufgeklärt und sie in deren Handhabung unterwiesen. Laut Oberstem Gerichtshof (OGH) steht ihr wegen dieser groben Fahrlässigkeit eine Integritätsabgeltung zu.
Die Jugendliche arbeitete während der Sommerferien in einer Wäscherei. Als sie bei einer Bügelmaschine einen Wäschestau im Bereich der Walze beseitigen wollte, geriet sie wegen einer defekten Fingerschutzleiste mit einer Hand in die heiße Walze. Sie erlitt schwere Verbrennungen, der Daumen blieb als Dauerfolge fixiert und die übrigen vier Finger mussten teilamputiert werden.
Vermeidbarer Unfall
Der tragische Unfall wäre durch eine Unterweisung verhindert worden: Die Vorarbeiterin und die Arbeitskolleginnen wussten, dass die Fingerschutzleiste immer wieder nicht funktionierte und die Maschine nur durch den Not-Aus-Taster gestoppt werden konnte. Die Vorarbeiterin hatte deshalb alle anderen Büglerinnen darüber aufgeklärt, dass sie bei einem Wäschestau das Wäschestück nicht herausziehen dürfen, sondern es nach dem Durchlaufen noch mal bügeln müssen. Niemand jedoch unterwies die Ferialarbeiterin sicherheitstechnisch in der Handhabung der Bügelmaschinen. Sie ging davon aus, dass die Fingerschutzleiste wie bei den anderen Bügelmaschinen auch funktionieren würde.
Grob fahrlässig
Die Ferialarbeiterin trug eine 70%ige Minderung der Erwerbsfähigkeit davon. Sie klagte die AUVA auf eine Integritätsabgeltung nach § 213a Allgemeines Sozialversicherungsgesetz. Dieser Einmalbetrag steht bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten mit schweren Dauerfolgen zusätzlich zur Versehrtenrente zu – vorausgesetzt, der Unfall wurde durch grob fahrlässige Verletzung von ArbeitnehmerInnenschutz-Vorschriften verursacht. Der OGH bestätigte, dass im konkreten Fall grobe Fahrlässigkeit vorlag (13.9.2018, 10 ObS 95/18w). Denn neben der auffallenden Sorglosigkeit war der Unfall objektiv als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar. Dem Unfallopfer stand daher eine Integritätsabgeltung zu.
Versäumnis der Vorarbeiterin reicht
Für den Anspruch auf die Integritätsabgeltung kommt es nicht darauf an, welche bestimmten Personen den Unfall grob fahrlässig verursacht haben: Jeder Unfall und jede Verletzung von ArbeitnehmerInnenschutz-Vorschriften im Betrieb werden im weitesten Sinn der Sphäre des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin zugerechnet. Relevant ist nicht nur das Verhalten des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin und ihm/ihr gleichgestellter Personen. Bei der Integritätsabgeltung reicht auch die Übertretung von Schutzvorschriften durch ArbeitskollegInnen. Der/Die ArbeitgeberIn ist dafür verantwortlich, den Betrieb so zu organisieren, dass keine Gefahren für ArbeitnehmerInnen bestehen. Dass die verpflichtende Unterweisung der Jugendlichen nicht durchgeführt wurde, ist seinem/ihren Bereich zuzurechnen.
Fazit: Unterweisungen sind stets sorgfältig durchzuführen. Darauf darf auch bei Ferialkräften keinesfalls vergessen werden!
Magazin Gesunde Arbeit 3/2019