Erschöpft und ausgebrannt
Immer mehr ArbeitnehmerInnen fühlen sich zunehmend erschöpft und ausgebrannt. Aber welche Gründe gibt es hierfür? Und: Welche Handlungsmöglichkeiten haben Sie als Einzelne/r? Was können wir gemeinsam tun?
Krankenstände und vorzeitige Berufsunfähigkeit aufgrund psychischer Erkrankungen haben extrem zugenommen. Dies ist nur die Spitze eines Eisbergs einer noch viel größeren Anzahl von ArbeitnehmerInnen, die sich ausgelaugt, erschöpft oder ausgebrannt fühlen – auch wenn sie nach außen hin funktionieren.
Die lange und die kurze Erklärung
Wie kommt es dazu? Die längere Erklärung umfasst die Bedingungen, unter denen es zu Burn-out und seinen Vorstufen kommt: Arbeitsüberlastung, ständiger Zeitdruck, unklare Rollen und Aufgaben, Unfairness, mangelnde Wertschätzung, nicht beachtete Konflikte, Benachteiligung, schlechte Kommunikation und Konflikte zwischen den eigenen Werten und denen des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin.
Hinzu kommt erstens ständiges Multitasking mit schädlichen Auswirkungen auf geistige Leistungsfähigkeit und Stressverarbeitung und einer weiteren Folge: Man fängt vieles an und macht nur wenig fertig – am Abend mit dem Gefühl: „Wofür habe ich heute meine Energie verwendet?“ Und zweitens eine Hyperkommunikation in Betrieben, die sich verselbstständigt hat und durch die Beschäftigte vor lauter E-Mails, Störungen und Meetings nicht zu ihrer Arbeit kommen. Gleichzeitig das Gefühl, an all dem nichts ändern zu können – MitarbeiterInnenbefragungen und Projekte zur Evaluierung psychischer Belastungen haben oft keine für den/die ArbeitnehmerIn sichtbaren Effekte. Dort, wo es anders läuft, wird man kein Problem mit Burn-out haben. Der gesunde Mensch möchte in seiner Arbeit eigentlich nur eines: sinnvoll und effizient unter menschlichen Bedingungen arbeiten. Wenn ein/eine ArbeitgeberIn dies ermöglicht, braucht es keine Burn-out-Seminare.
Die kurze Erklärung: Die Geschichte des Kapitalismus zeigt, die Grundlage des heutigen Wirtschaftssystems ist Ausbeutung und Profitmaximierung in den Händen weniger. Die weltweite ökonomische Ungleichheit zwischen Gesellschaftsschichten hat in den letzten 20 Jahren ein nie dagewesenes Ausmaß erreicht.
Was können wir tun?
Was kann die/der Einzelne tun? Achten Sie auf Ihre Grenzen und Rechte. Informieren Sie sich, holen Sie sich Unterstützung bei Betriebsrat, Personalvertretung und anderen Stellen. Akzeptieren Sie keine Verletzung Ihrer Rechte und Ihrer Gesundheit. Versuchen Sie persönliche Wege zum Erhalt Ihrer körperlichen, psychischen und sozialen Gesundheit zu finden. Was können wir gemeinsam tun? Die Wahrheit aussprechen! Uns verbünden! Gemeinsam gegen Ausbeutung und Ungleichheit vorgehen! Denn Handeln ist das beste Mittel gegen Angst, Lethargie und psychische Erschöpfung. Und das Einzige, was uns zum Erfolg verhelfen kann, ist Kooperation.
Magazin Gesunde Arbeit 3/2020