Tränen am Arbeitsplatz
Wenn am Arbeitsplatz Tränen fließen, ist von der Führungskraft emotionale Intelligenz gefragt. Das Problem zu bagatellisieren oder die Situation augenblicklich lösen zu wollen, ist beides nicht der Königsweg.
Jede/r kennt das Gefühl, wenn man sie nicht mehr unterdrücken kann: Tränen. Sie überwältigen uns förmlich aufgrund von negativen Emotionen wie Ärger, Angst, Schmerz, Trauer, Überforderung, Mitleid, aber zum anderen auch Freude. Bei der Frage, warum wir Menschen weinen, ist die Wissenschaft noch geteilter Meinung. Eine eindeutige Erklärung gibt es nur bei Reflextränen. Wenn zum Beispiel ein Fremdkörper in das Auge gerät, dann helfen Tränen, ihn wieder auszuspülen. ForscherInnen haben zwei verschiedene plausible Thesen aufgestellt: 1. Weinen ist ein Ausdruck des Sozialverhaltens – eine Art der Kommunikation und Interaktion. 2. Tränen sind eine Schutzreaktion des Körpers und der Psyche, um Emotionen besser zu verarbeiten.
Weinen ist menschlich
Der Umgang mit Tränen in der Arbeit ist ein heikles Thema. Warum ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin weint, kann ganz unterschiedliche Gründe haben – sowohl private Ursachen als auch Probleme, die direkt mit dem Job verbunden sind. Wir Menschen sind oft überfordert, wenn wir eine Person weinen sehen. Ein Gefühl von Unbehaglichkeit kann aufkommen und sogar Schuldgefühle können leicht entstehen, obwohl wir den Grund oft nicht kennen oder gar nur erahnen können. Auf keinen Fall sollte die weinende Person ignoriert werden. Und generell sollten Tränen am Arbeitsplatz nicht als Tabuthema angesehen werden.
Tipps für Führungskräfte
Grundsätzlich ist die Situation für beide Seiten, sowohl ArbeitnehmerIn als auch ArbeitgeberIn, nicht einfach. Für Führungskräfte stellt es jedoch regelrecht eine Herausforderung dar, wenn MitarbeiterInnen weinen. Sie werden mit Unsicherheiten konfrontiert: Sind die Tränen Manipulation oder echt? Wie kann ich auf die Person eingehen, ohne dass danach meine Führungsrolle infrage gestellt wird? Fingerspitzengefühl und eine gewisse Neugier sind demnach besonders gefragt. Um der weinenden Person helfen zu können, sind aktives Zuhören und unterstützende Fragen hilfreich. Folgende Maßnahmen sind empfehlenswert:
- Eine Atmosphäre der Ruhe schaffen: Die Person fragen, ob sie eine Pause braucht oder weiterarbeiten möchte.
- Mitgefühl und Neugierde zeigen: Die Person fragen, ob sie in einem ruhigen Moment darüber reden möchte.
- Die Kontrolle über die Situation überlassen: Die Person fragen, was sie gerade braucht oder was ihr am besten jetzt in diesem Moment helfen könnte.
Weniger hilfreich ist, wenn die Führungskraft die Kontrolle übernimmt und Handlungen vorgibt, wie dem/der ArbeitnehmerIn eine Pause vorzuschreiben, oder das Problem mit Aussagen wie „wegen so etwas muss man doch nicht weinen“ verharmlost. Auch Mutmaßungen und Interpretationen, warum die Person weint, sind fehl am Platz, denn man könnte komplett danebenliegen und die Situation dann noch verschlimmern. Erst wenn die Ursache der Tränen klar ist, kann die Führungskraft in einem Gespräch mit der Person nach Lösungen suchen.
Magazin Gesunde Arbeit 4/2021