Arbeitszeitverkürzung: Die Frage ist nicht ob, sondern wie
Die Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt (FORBA) hat die Ergebnisse großer Untersuchungen über erprobte Modelle betrieblicher Arbeitszeitverkürzung in Island, Großbritannien, Irland sowie den USA analysiert und fand dabei sowohl interessante Wege als auch Befragungsergebnisse.
Dass Unternehmen in vielen Ländern und über alle Branchen hinweg überlegen, wie sie mit kürzeren Arbeitszeiten gleich produktiv sein könnten, ist keine Utopie, sondern wurde bereits – oft auch wissenschaftlich begleitet und evaluiert – in unterschiedlichen Varianten erprobt.
Kürzer arbeiten bei gleichem Gehalt?
Sowohl die Produktivitätsfortschritte der letzten Jahrzehnte als auch der zunehmende Arbeitsdruck, der bei den Beschäftigten zunehmend zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führt, verlangt nach Überlegungen, wie viel und in welcher Form gearbeitet werden sollte. In letzter Zeit (Stichwort „Fachkräftemangel“) sind Unternehmen überdies bestrebt, ein gutes Arbeitsumfeld anzubieten, um für Arbeitnehmer:innen attraktiver zu sein.
Arbeitszeitverkürzung – Vielfalt ist möglich
Die Studien zeigen, dass es keine Universallösung für eine Arbeitszeitverkürzung gibt. So vielfältig wie die Anforderungen an Unternehmen in den unterschiedlichen Branchen und Tätigkeiten sind auch die Möglichkeiten und Modelle. Eine Werbeagentur sieht sich beispielsweise gänzlich anderen Rahmenbedingungen gegenüber als eine Schule, ein Produktions- oder auch ein Gastronomiebetrieb. Auch in Unternehmen selbst unterscheiden sich die Anforderungen oft sehr – z. B. zwischen Büroangestellten und Sozialarbeiter:innen. Die Betriebe suchten daher nach der jeweils für sie passenden Variante. Eine IT-Firma wählte z. B. einen kollektiven freien Tag, weil ihre Anwesenheit nicht durchgehend erforderlich war. Wenn in einem Unternehmen tägliche Anwesenheit wichtig war, wechselten sich Arbeitnehmer:innen mit ähnlichen Funktionen und ähnlichem Wissen bei ihren freien Tagen ab, sodass die Beschäftigten individuelle freie Tage hatten.
Steigerung von Wohlbefinden und Produktivität
Diese internationalen Versuche der Verkürzung der Wochenarbeitszeit zeigten drei zentrale Schlüsse. Erstens die positiven Effekte bei den beteiligten Unternehmen: In den meisten Fällen kam es zu einer Produktivitätssteigerung – auch aufgrund der Optimierung und konstruktiven Gestaltung der Arbeitsprozesse (Meetings verkürzt, Unnötiges weggelassen). Allein schon das Ziel, Arbeitszeiten zu reduzieren, führte dazu, aktiv darüber nachzudenken, wie Arbeitspraktiken zielgerichteter gestaltet werden können. Arbeitspraktiken und -routinen effizienter zu gestalten, hatte den Effekt, dass insgesamt produktiver gearbeitet wurde. Zweitens steigerte sich sowohl das Wohlbefinden der beteiligten Arbeitnehmer:innen als auch jenes der Manager:innen. Arbeitsstress, Burn-out und Schlafschwierigkeiten gingen zurück, die körperliche und geistige Gesundheit verbesserte sich, Lebenszufriedenheit und Arbeitsleistung stiegen. Drittens wurde die verkürzte Arbeitswoche allgemein gut angenommen, die meisten der teilnehmenden Unternehmen wollten mit den verkürzten Arbeitszeiten fortfahren.
Magazin Gesunde Arbeit, Ausgabe 2/2024